143
dünken der glücklichste Mensch, weil er mit lachendem Munde bekannte,
was andere mit jämmerlicher Wehklage sagen mußten. Solche Ehre
widerfuhr ihm ohne Zweifel darum, weil er der Hausvater war. Denn
sie setzten ihn dicht ans Herdfeuer, banden ihn, daß er weder Hände noch
Füße regen konnte, und rieben seine Fußsohlen mit angefeuchtetem Salze
ein, welches ihm unsere alte Ziege wieder ablecken mußte, wodurch sie ihu
also kitzelte, daß er vor Lachen hätte bersten mögen. Weil ich meinen
Vater niemals ein so langes Gelächter hatte aufschlagen hören, so kam
mir das so artig und anmutig vor, daß ich der Gesellschaft halber, oder
weil ich es nicht besser verstand, von Herzen mitlachte. In solchem Ge¬
lächter bekannte mein Vater endlich, daß er seine blanken Silberthaler
unter unserm großen Birnbaum im Garten vergraben hätte, wo sie denn
auch bald gefunden wurden. Da gab ein Kürassier der Ziege einen
Fußtritt, daß sie ächzend zu Boden stürzte und das Lecken vergaß. Mitten
in diesem Elend drehte ich den Bratspieß und half auch gegen Abend die
Pferde tränken. Dabei kam ich auch zu unserer wimmernden Magd in
den Stall, die ich kaum wieder erkannte, so entstellt sah sie aus. Sie
aber sprach zu mir mit so leiser Stimme, daß ich mein Ohr dicht an
ihren Mund halten mußte: „O lieber Junge, lauf weg, sonst werden
dich die Reiter mitnehmen und —". Da sank sie wie tot zurück.
53. Schall der Nacht.
(Christophe! von Grimmelshausen.)
Komm, Trost der Nacht, o Nachtigall,
laß deine Stimm' mit Frendenschall
aufs lieblichste erklingen!
Komm, komm und lob den Schöpfer dein,
weil andre Vögel schlafen fein
und nicht mehr mögen singen.
Laß dein Stimmlein
laut erschallen; denn vor allen
kannst du loben
Gott im Himmel hoch dort oben.
Obschon ist hin der Sonnenschein
und wir im Finstern müssen sein,
so können wir doch singen
von Gottes Güt' und seiner Macht,