367 
N. S. 
Ich hoffe, meine geneigten Leser werden dem Sophisten zu Gefallen, 
wenn sie auch dessen Gründe nicht widerlegen können, keinen Kreuzer 
wegwerfen. Ich wünsche aber auch, daß sie die Reden der Freigeister 
unserer Zeiten gegen die Grundwahrheiten der Religion intb Moral mit 
einer gleichen Wirkung lesen mögen. 
162. Gewinn und Erfolg der Arbeit. 
(Wilhelm Heinrich Riehl.) 
Das Ziel jeder Arbeit, als einer sittlichen That, ist ein doppeltes: 
Wir wollen uns selber fördern und die Menschheit. Eine Thätigkeit, die 
bloß unserm Eigennutze dient, der Gesellschaft aber schadet, z. B. Dieb¬ 
stahl, gewerbmäßiges Hazardspiel u. dgl., ist eben deshalb keine Arbeit. 
Darum schließt man sie mit Recht auch von der Ehre der Arbeit aus 
und heißt sie, wofern sie sich als Lebensaufgabe einzelner Personen ge¬ 
staltet, einen unehrlichen Beruf. Auch eine Thätigkeit, die bloß unserm 
Behagen dient, der Gesellschaft zwar nicht schadet, uns selbst und andere 
aber auch nicht fördert, ist keine rechte Arbeit, sondern Spiel, Zeitvertreib, 
geschäftiger Müßiggang. Die Arbeit wirkt immer nach außen und von 
außen her auf uns selbst zurück. Insofern die Arbeit unsern materiellen 
Bestand und zugleich die materiellen Güter des Volks stützt und fördert, 
bringt sie privatwirtschaftlich und volkswirtschaftlich Gewinn; insofern 
sie uns aber geistig und sittlich höher hebt und zugleich zum geistigen 
und sittlichen Fortschritt des Volkes und der Menschheit mitwirkt, bringt 
sie Erfolg. 
Dem Erfolge setzen wir Denkmale, der Erfolg verschafft irdische 
Unsterblichkeit, der Erfolg der Arbeit der Völker und der völkerbewegenden 
Personen hat eine persönliche Geschichte — man nennt sie Kulturgeschichte; 
eine Geschichte des Gewinnes giebt es nicht. Tief angelegte, durchgebildete 
und geistig seine Menschen haben allezeit den Gewinn gering geachtet neben 
dem Erfolge, sie haben den Gewinn verschmäht und gehungert, um des 
Erfolges willen, der ihnen die Arbeit mehr als bezahlte. Der bloße 
Handarbeiter kann freilich den Erfolg nicht so leicht mit Händen greifen 
wie der schöpferische Geist. Er ist sich des Erfolges seiner Arbeit wohl 
kaum bewußt und arbeitet zunächst nur auf den Gewinn. Dennoch darf 
man auch den untersten Handlanger nicht zu gering taxieren. Eine ver¬ 
schleierte Ahnung des Erfolges ist jedem Arbeiter gegeben. Arbeit bloß 
um des Gewinnes, bloß um der Leibesnotdurft willen ist Pferdearbeit.
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.