Object: Lesebuch für höhere Bildungsanstalten (4)

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das Herrenzimmer Nro. 7 auszuschließen befahl. Der Fremde nahm aber dieses 
Anerbieten nicht an, sondern sagte, er sei nicht gut auf den Füßen, und wollte 
lieber in der Wirthsstube bleiben, als noch eine Treppe steigen. Der Wirth erbot 
sich, ihn mit dem größten Vergnügen hinaufzutragen; der Fremde blieb aber bei 
seiner Weigerung, und ließ sich auf dem Lehnstuhle nieder, den sonst Niemand 
einnehmen durfte, als der Wirth. Dieser lief nun auf und ab, schaffte herbei, 
was Küche und Keller vermochten, und sagte seiner erstaunten Frau ins Ohr: 
Das sei eben der Tausendkünstler, der dem Bastian das schöne Haus über Nacht 
gebaut habe. „Und was hat ihm denn der Bastel vorsetzen können," setzte er 
hinzu, „als etwa ein paar elende Erdäpfel? Wenn wir ihn gut bewirthen, so 
wird er uns schon noch besser bedenken." — Und die Frau sagte das ihren Mäg¬ 
den wieder, und die sagten es den Nachbarn, und in wenigen Augenblicken war 
es wie ein Lauffeuer im ganzen Flecken herum, der Hexenmeister sei wieder da, 
und sei in dem Schwane eingekehrt. Ja manche wußten schon von Wundern, 
die er gethan; das Unglaublichste wurde geglaubt, und Niemand gönnte dem 
Wirthe das Glück, das ihm, wie sie meinten, zugefallen war. 
Was nun lange nicht geschehen war, geschah an dem Abende: eine Menge 
Gäste kam in das Wirthshaus. Alle Tische waren besetzt, und wer an den Tisch 
kommen konnte, an dem der Graurock saß, hielt sich für besonders glücklich. 
Dieser war anfänglich ganz still, aß und trank, was ihm vorgesetzt wurde, und 
schnitt dabei wunderliche Gesichter, etwa wie Einer, der den Gesichts-Tik hat. 
Bisweilen knöpfte er auch den Rock auf, als ob ihm zu warm würde, und da 
wollte denn der Eine eine prächtige goldene Kette unter der Weste, der Andere 
rothfunkelnde Edelsteine auf seinem Wamse gesehen haben. Wie nun die Mahl¬ 
zeit vorüber und die Stube recht voll neugieriger Gäste war, legte der Fremde 
Messer und Gabel aus der Hand und ließ sich mit dem Wirthe in ein Gespräch 
ein. — „ „Das war halt eine passable Mahlzeit, Herr Wirth. Immer aber ist Er 
nicht so freundlich gegen Seine Gäste." " — „Nach Unterschied," antwortete dieser, 
„nachdem man eben die Leute vor sich hat." —„ „Wofür hält Er mich denn?"" 
fragte der Fremde. — „Das weiß ich freilich so eigentlich nicht zu sagen," er¬ 
widerte der Wirth; „aber ich glaube mich nicht zu irren, wenn ich Sie für einen 
vornehmen Cavalier halte, der zum Spaße incognito reis't." — Der Graurock 
lächelte und schnitt wieder seine wunderlichen Gesichter. Dann fuhr er fort: 
„„Ich kenne Ihn wohl länger, als Er glauben mag, Herr Wirth."" — „Sehr 
viel Ehre," sagte der Wirth und lüftete die Mütze. — „„Ja, Er war von Kleinem 
auf ein durchtriebener Schalk. Weiß Er noch, wie Er seinen blinden Großvater 
aus dem Blasrohre mit Erbsen auf die Nase schoß, und dann zum Fenster 
hinaus zankte, als ob die Buben von der Straße hereingeworfen hätten? Oder 
wie Er auf dem Dache Seiner Mutter die Würste aus der Esse angelte?"" — 
',2a, es ist wahr," sagte der Wirth, „ich war ein loser Vogel, und ich muß noch 
lachen, wenn ich daran denke, wie meine selige Mutter über ihre Würste klagte, 
und ich ihr weiß machte, die Fledermäuse hätten sie gefressen." — „„Seine 
Mutter hielt etwas auf Beten und Singen," " fuhr der Graurock fort, „ „und 
hielt auch Ihn dazu an. Sie hatte eine gute Art dabei. Für jeden Spruch oder 
Vers, den Er auswendig wußte, gab sie Ihm einen Kreuzer. Und das muß man 
sagen, Er verdiente etwas mit der Gottesfurcht. Das Geld lieh Er dann armen 
Leuten aus Pfänder aus. — Jst's nicht so?" " — „Ich habe mein Geld immer 
arbeiten lassen," erwiderte der Wirth, verwundert, daß der Fremde so viel von 
seiner Kindheit wußte; und dabei blies er sich auf, denn er meinte, er müsse doch 
von Kleinem auf eine wichtige Person gewesen sein. — „ „Der ärgste Schelm
	        
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