Von der Reformation bis zum westfälischen Frieden.
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besuchte zugleich die theologischen Vorlesungen des Thomas Wittenbach.
1506 wählte ihn die Gemeinde Glarus zu ihrem Pfarrer, obwohl er
die Priesterweihe noch nicht empfangen hatte. Der Bischof von Con-
stanz ertheilte sie ihm, und in Wildhaus las er die erste Messe.
Seinem Berufe lag er" mit unermüdlichem Eifer of>; dabei war er ein
trefflicher Prediger und lernte bald einsehen, daß alles geistliche Wissen
aus der heiligen Schrist geschöpft werden müsse. Er mußte die Glarner
auch dreimal als Feldprediger auf ihren Kriegszügen nach Italien be¬
gleiten, lernte aus eigener Anschauung das Verderbliche des fremden
Solddienstes (des sogenannten Reißlausens) für die Sitten und den in¬
neren Frieden seines Vaterlandes kennen und eiferte mit der ihm eigenen
Freimüthigkeit und Kraft dagegen. Mitten in feiner Wirksamkeit zu Gla¬
rus überraschte ihn ein Ruf nach Einsiedeln, Der berühmte Wallfahrts¬
ort bot ihm reiche Gelegenheit, den Samen des Guten und Wahren
auszustreuen. Von der Nothwendigkeit einer Kirchenverbesserung war
er innig überzeugt und erwartete sie zuerst von den Häuptern der Kirche;
aber nur zu bald lehrte ihn' die Erfahrung, daß von oben nichts zu toibe.be
hoffen sei. 1518 erschien der Ablaßkrämer Bernhardin Samson und Ablaßkrämer
begann seinen unlautern Handel ganz in Zwingli's Nähe. Mit allem 5crns,arbtn
Nachdruck predigte dieser gegen solch' unchristliches Treiben. Das
Stistskapitel zum großen Münster in Zürich erwählte den unerschrockenen
Mann zum Leutpriester, und Zwingli nahm die dargebotene Stelle mit
folgenden Worten an: „Zu lange ist das Leben Jesu zum Schaden
christlicher Gemüther verborgen geblieben. Ich werde das Evangelium
im Zusammenhange predigen, nicht nach Erklärung menschlicher Lehren,
sondern im Sinn des göttlichen Geistes, den ich durch Vergleichung
der Schrist mit ihr selbst erforschen und um den ich mit Herzensgebet
stehen will." Mit dem 1. Januar 1519 begann er sein Predigtamt ^ Refor^
in Zürich. . Wunderbar war die Macht seines Wortes und der Ein- nmtion in
druck seines Lebens, groß war der Zulauf zu seinen Predigten. Binnen 3uttci’ isi9.
wenig Jahren sah im Gebiet von Zürich in Stadt und Land Alles
wie umgewandelt aus. Die Klosterpsorten öffneten sich, die Bilder Standhaft
wurden aus den Kirchen entfernt, an die Stelle der Messe trat eine Ehrenstellen
einfache Abendmahlsfeier. Als Zwingli fortfuhr, für die Ausbreitung a6-
des reinen Evangeliums zu wirken, bot ihm der Papst hohe Ehren¬
stellen an, um ihn zum Schweigen zu bringen. Allein standhaft wies
er alle Anträge ab. Der Rath von Zürich berief nun alle Geistliche,
welche im Stande seien, Zwingli's Lehre zu widerlegen, und obgleich
über 600 zusammenkamen, so ging der schweizerische Reformator doch
siegreich aus der öffentlichen Disputation hervor.