Full text: [Teil 3 = Kl. 6] (Teil 3 = Kl. 6)

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3. „Leb’ wohl!“ rief Packan, „komm bald wieder!“ 
und wandte sich; doch Stapf gebot: 
„Nun, solche Freunde, treu und bieder, 
die teilen doch ihr Abendbrot!“ 
4. „Ha — unverschämt! Nun seh’ ich deutlich, 
all deine Freundschaft war nur Gier!“ 
fuhr Packan auf und zauste weidlich 
den kleinen Stapf, das arme Tier. 
5. Der floh entsetzt vor Packans Bisse; 
doch der belehrt ihn: „Lieber Stapf, 
die Freundschaft hat selbst Grenzen, wisse, 
und geht grad bis zum Futternapf.“ 
77. Der unzufriedene Cfel. von Haguit eottiicb meißner 
'Äsopische Fabeln für die Jugend. Augsburg 1813. 8. 177. 
3n einem harten Winter wünschte sich ein Esel sehnlich, sein Bündel 
Stroh und sein kaltes Nachtlager bald mit wärmerem Wetter und 
mit einem Mundvoll frischen Grases zu vertauschen. Das wärmere 
Wetter und das frische Gras kamen, aber mit ihnen zugleich stellte sich 
so mannigfache Arbeit ein, daß der Esel des Frühlings so überdrüssig 
als des Winters ward und sich desto mehr nach dem Sommer sehnte. 
Auch dieser erschien, aber mit ihm zugleich die Ernte. Wie oft mußte 
jetzt der Esel Korn und Feldfrüchte bald nach Hause und bald in die 
Mühle tragen! Wie ängstlich seufzte er über den Sommer, und wie 
inständig wünschte er sich den Herbst! Der Herbst brach an; Äpfel, 
Trauben und andere Früchte wurden reif; Holz und Wintervorrat 
mußten eingesammelt werden. Noch nie glaubte der arme Langohr so 
übel daran gewesen zu sein, und aufs kläglichste flehte er den Winter 
an, bald herbeizueilen, weil er da Ruhe zu finden hoffte. 
78. Der Kranich und der Mols. von manin Cuther 
Luthers Fabeln nach seiner wiedergefundenen Handschrift. Herausg. von E. Thiele. 
(Hallenser Neudruck Nr. 76. 1888.) 
OTtg der Wolf einstmals ein Schaf gierig fraß, blieb ihm ein Bein 
Z\ im Halse überzwerch stecken, davon er große Not und Angst hatte. 
Er erbot sich, großen Lohn und Geschenk dem zu geben, der ihm hülfe. 
Da kam der Kranich und stieß seinen langen Kragen dem Wolf in den 
Rachen und zog das Bein heraus. Da er aber den verheißenen Lohn
	        
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