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düng macht, wieder auf der linken. Solche ganz dem Süden zugekehrten Busen 
erzeugen die schönsten Weine, und hier strebt Jedermann, ein kleines Gebiet zu 
gewinnen. Andere Felswände find mehr nach Osten oder Westen gerichtet; sie 
bringen die mittleren Weinsorten hervor. Endlich giebt es auch Abhänge, die 
ganz dem Nordpol zugewendet sind. Diese liegen entweder ganz, oder doch 
einen großen Theil des Tages und Jahres im Schatten. Sie find kalt und 
für den Weinbau ganz ungeeignet; doch werden sie benutzt. Sie sind mit den 
sogenannten Lohhecken oder Rodehecken bedeckt, einem niedrigen Eichengebüsche. 
Die jungen Eichen werden von den Anwohnern der Mosel geschält, und die 
Rinde wird an die Lohgerber verhandelt. Fünfzehn Jahre läßt man die Ge¬ 
büsche wachsen; dann haut man sie um, benutzt das gewonnene Holz zu Stä¬ 
ben a. dgl. beim Weinbau und verbrennt den Rest. Manche Dörfer lösen jähr¬ 
lich 20—30,000 Thaler aus der Lohe und dem Holze ihrer Hecken. Auch diese 
Eichenpflanzungen liegen wegen der vielen Krümmungen des Flusies bald auf 
dem linken, bald auf dem rechten User desselben; sie wechseln überall in kurzen 
Zwischenräumen mit den lachenden und wohl geordneten Weinbergen und mit 
den freundlichen Wiesen ab. 
Die Bergabhänge, an denen der Wein gepflanzt wird, find höher, als an 
allen andern deutschen Flüsien. Stufen erheben sich über Stufen, und selbst 
die höchsten Spitzen bieten noch Reben dar. Diese übereinander angelegten 
Terrasien nennt man Chöre; es sind manchmal 20—30 übereinander. Auf die 
mannigfaltigste Weise hat man sie angelegt. Die Felswände hier sind nämlich 
von Natur sehr zackig, zerklüftet und schräg abgedacht. Um nun so viel flach- 
geneigtes Land zu gewinnen, daß etwas Erde und die Wurzeln des Weinstocks 
hasten können, hat man oft große Bauten unternehmen müssen. Zuweileu füh¬ 
ren hohe Brücken über die unter ihnen grünenden Weingärten hinweg und ver¬ 
binden die Felsenspitzen mit der Hauptmasse des Berges. Ueberall sieht man 
auf hohen Pfeilern Gewölbe, die den Weingarten zu tragen bestimmt sind. — 
Bom Ufer des Flusses führen zu diesen hochgelegenen Stellen Bergpfade; oft 
erfordern dieselben über eine Stunde mühsamen Aufsteigenö. 
Dem schroffen, felsigen Ufer der Mosel liegt in der Regel ein flaches und 
niedriges gegenüber. Auf diesem sind dann die Wiesen und Aecker, so wie 
auch die Häuser und Dörfer. Der Weingartenbesitzer muß doch auch ein we¬ 
nig Wiese und Graswuchs für sein Vieh haben, wo möglich auch etwas Acker 
und Garten. So liegt denn der eine Theil der Besitzungen, nämlich Weingär¬ 
ten und Rodehecken, auf der einen Seite des Flusses, das Uebrige auf der 
andern. Eben deswegen ist in jeder Wirthschaft ein Kahn so nöthig wie an¬ 
derswo ein Wagen, um bei der Ernte die Trauben, oder das Heu, oder die 
Lohe, oder das Getreide hinüber- und herüberzufchasseu. 
Groß ist die Mühe, welche der Anbau des edlen Weinstocks dem Menschen 
macht. Es geht von der heurigen bis zur nächsten Ernte die Kette von Arbei¬ 
ten für den Winzer fast ununterbrochen fort. Den ganzen Winter über muß 
er die Schiefersteine aus den Felsen hervorkratzen, zerhacken und in den Wein¬ 
bergen zerstreuen. Sie halten den Boden feucht und düngen ihn, indem sie 
verwittern. Zugleich müssen, wenn es die Witterung erlaubt, die Mauern in 
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