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scher Vater über ihn beschlossen hat. Und dabei war er gut und 
leutselig wie immer. Als ein Diener ihm eine Taffe Suppe reichte, 
sagte er: „Ich kann nicht, mag nicht." Der Diener redete ihm 
zu, es solle ja zu seiner Stärkung sein. Der König aber blieb 
dabei: „Quält mich nicht; ich kann ja nicht!" — „So thuen es 
Majestät mir zu Gefallen!" sagte der treuherzige Diener. Der 
König aber machte keine Bewegung. Da übergab der Diener die 
Taffe der Fürstin Liegnitz, und die Thränen stürzten ihm aus den 
Augen. Der König hatte es bemerkt, und als der Diener hinaus 
war, sagte er zu seiner Gemahlin: „Du siehst, liebe Auguste, wie 
der gute Mensch weint. Trink' für mich die Tasse, daß er sich 
nicht betrübt, wenn er wieder kommt." — Die Fürstin that, wie 
der König wünschte. 
Am 7. Juni endlich in früher Morgenstunde traf der Kaiser 
von Rußland in Berlin ein. Anfangs kannte ihn der König nicht. 
In einem lichten Augenblicke aber sprach er zum Kaiser sein letztes 
Wort: „Es geht schlecht!" — 
Die Domkirche konnte am 7. Juni, am ersten Pfingftseier- 
tage, die Zahl der Besuchenden nicht fassen. Ernst und feierlich 
waren die Worte, die man von der Kanzel herab vernahm: „Heute 
schwebt der Todesengel über der Residenz, bereit, eine der fromm¬ 
sten und edelsten Seelen in sein Reich zu führen." — Wunderbar 
war die Wirkung dieser wenigen Worte. Aller Augen füllten sich mit 
Thränen. — Durch einen gemeinsamen Gottesdienst gestärkt, ver¬ 
fügte sich die gesammte königliche Familie in das Nebenzimmer 
des königlichen Krankengemachs und harrte in banger Erwar¬ 
tung. Bald wurde die Botschaft überbracht, daß der gefürch¬ 
tete Augenblick herannahe. Sämmtliche Mitglieder des königlichen 
Hauses begaben sich nun in das Krankenzimmer und blieben um 
das Bett des scheidenden Monarchen. So in der Mitte der Sei¬ 
mgen, die eine Hand seinem königlichen Nachfolger reichend, die 
andere gehalten von der Fürstin von Liegnitz, endete der beste und 
väterlichste König sein frommes und thatenreiches Leben so ruhig 
und sanft, daß es erst eines Zeichens der Leibärzte bedurfte, um 
den Umstehenden zu verkündigen, daß der König verschieden fei. 
Dem geliebten Vater drückte der nun regierende König Friedrich 
Wilhelm IV. die Augen zu. Es war kurz nach 3 Uhr Nach¬ 
mittags. — 
Nach einer feierlichen Beisetzung im Dome wurde am 11. Juni 
die sterbliche Hülle des verewigten Monarchen um die mitternächt¬ 
liche Stunde ohne alles Gepränge nach Charlottenburg gebracht, 
um neben der Königin Luise im Mausoleum ihre letzte Ruhestätte 
zu finden. Unter den feierlichen Klängen der Lieder: „Jesus, meine 
Zuversicht" und: „Auferstehn, ja auserstehn" sanken die sterblichen 
Reste des theuren Königs in die Gruft. —
	        
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