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begegnete ihm Hermes in der Gestalt eines zarten Jünglings. Der gab
ihm das Kraut Moly, um ihn gegen den Zauber der Circe zu schützen.
Zugleich ertheilte er ihm noch den Rath, in 'dem Augenblicke, wo die Zau¬
berin ihn mit ihrem Stabe berühren wiirde, mit dem Schwerte auf sie
einzudringen, gleich als wollte er sie ermorden. Darauf verschwand der
Gott zu den Höhen des Olympos.
Odysseus langte an der Pforte des Palastes an und ries die Göttin,
die ihn einlud, näher zu treten. Sie reichte auch ihm einen Becher Weins,
der mit schädlichen Zauberkräntern gemischt war; doch Odysseus trank,
ohne daß es ihm schadete, denn er hatte das Kraut Moly in seiner Tasche.
Nun berührte ihn die Zauberin mit ihrem Stabe, um ihn in ein Schwein
zu verwandeln und gleich seinen Gefährten in den Koben zu sperren. Da
aber rannte Odysseus mit gezücktem Schwerte auf sie los und laut schreiend
sank Circe zu seinen Füßen, umfaßte ihm die Kniee und rief: „Wer bist
du, der du dem Zanbertranke widerstehest, dem noch kein Mann wider¬
standen hat? Bist du vielleicht Odysseus, dessen Ankunft mir Hermes
verkündet hat? Stecke das Schwert in die Scheide und laß uns Beide
ans dem Teppich Platz nehmen!"
Doch Odysseus traute der Arglistigen nicht eher, bis sie ihm durch
einen Eidschwur versichert hatte, nicht auf ferneren Schaden zu denken.
Jetzt deckte eine Dienerin für Odysseus einen schönen Sessel mit purpnr-
rothem Polster, davor stellte eine andere einen silbernen, mit goldenen Kör¬
ben besetzten Tisch; eine dritte mischte Wein und die vierte wärmte in
einem ehernen Kessel Wasser zum Bad für Odysseus. Nach dem Bade
hüllte sich der Held in den prächtigen Mantel und Leibrock, den ihm Circe
reichte, und ließ sich ans den Sessel nieder. Doch auch jetzt noch trug er
Bedenken, von den Speisen des reichbesetzten Tisches zu kosten, und er aß
nicht eher, bis ihm die Göttin seine Genossen, die als neunjährige Eber
vor Odysseus erschienen, wieder in Menschen verwandelte. Durch die
Zauberkräfte der Circe waren alle diese Männer nun viel jünger und schö¬
ner, als vorher; und Odysseus lebte mit seinen Genossen ein ganzes Jahr
in dem schönen Palast.
3.
Als Odysseus von der Zaubergöttin Abschied nahm, offenbarte ihm
diese noch die Zukunft. „Du wirst" — so sprach sie — „nicht eher in
deine Heimath gelangen, bis du in die Unterwelt hinabgestiegen bist und
den Seher Tiresias um deine Fahrt befragt hast." Zugleich zeigte sie
ihm den Weg zum furchtbaren Hades und lehrte ihn die Opfer, durch
welche die Schatten der Todten herbeigelockt werden. Odysseus merkte sich
Alles genau.
Die Fahrt ging über den großen Strom Oceanus, der die ganze
Erdscheibe umkreist; an dessen Ende, in dichte Finsterniß gehüllt, lag der
Ort, den Circe ihm als Eingang zur Unterwelt bezeichnet hatte. Hier
grub Odysseus ein Loch, eine Elle in's Geviert, und goß ein Trankopser