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aßen und tranken miteinander, so daß Allen schien, es wäre ein Freund¬
schaftsbund geschlossen. Aber dieser Schein währte nicht lange; denn kurz
nachher berief Chlodwig eine Versammlung seiner Getreuen nach Paris.
Der Frankenkönig als katholischer Fürst sprach zu den Seinen: „Es
schmerzt mich, daß diese Arianer noch einen so großen Theil Galliens inne
haben. Laßt uns gegen sie ausrücken, und wenn wir mit Gottes Hülse
diese Ketzer besiegt haben, wollen wir ihre Länder unter uns theilen!" Da
stimmten Alle bei; auch die Königin Chlotilde ermunterte ihren Gemahl
zu dem Unternehmen, denn sie meinte, Gott würde Wohlgefallen daran
haben. Der kriegerische Chlodwig faßte mit starker Hand seine Streitaxt
und schleuderte sie weithin mit den Worten: „Wo meine Franziska (so
hieß die Streitaxt) niederfällt, will ich eine Kirche zur Ehre der heiligen
Apostel erbauen!"
Die Katholischen im Reiche der Westgothen wollten lieber dem Chlod¬
wig als dem Alarich Unterthan sein und erwarteten mit Freude die An¬
näherung des fränkischen Königs. Als Chlodwig in das Gebiet von Tours
kam, gebot er, aus Ehrfurcht vor dem heiligen Martin von Tours, daß
Niemand etwas Anderes als Gras und Wasser daselbst nehmen sollte.
Einer von den Franken fand einen Haufen Heu und sprach: „Wir sollen
nur Gras nehmen, aber dieß ist auch Gras und ich übertrete das Gebot
des Königs nicht, wenn ich es nehme!" Darum entriß er es mit Gewalt
dem armen Manne, der sein Eigenthum schützen wollte. Die Kunde davon
gelangte zum König, welcher zornig sprach: „Wo bleibt die Hoffnung des
Sieges, wenn der heilige Martin beleidigt wird?" Mit diesen Worten
schlug er den Franken nieder.
Alsdann schickte er einige seiner Begleiter voraus, gab ihnen Geschenke
mit für die Kirche, in welcher die Gebeine des heiligen Martin begraben
lagen, und sprach zu ihnen: „Gehet voraus, ob ihr vielleicht eine Weissagung
des Sieges in dem heiligen Gebäude vernehmet." Als die Diener des
Königs in die Kirche traten, vernahmen sie die Worte des Psalms: „Du,
o Herr, hast mich mit Kraft zum Kriege umgürtet, du hast die Feinde
mir unter die Füße gethan, ihren Rücken hast du mir preisgegeben und
die mich hassen, hast du zu Falle gebracht!" Da freueten sie sich über
diese Worte von glücklicher Vorbedeutung und kehrten wieder um, dem
Könige die frohe Botschaft zu verkünden. Voll Vertrauen auf den Sieg
zog dieser weiter fort, bis er an den Fluß Vienne kam; dieser aber war
angeschwollen und die Franken wußten nirgends eine Furt. Sie verweilten
die Nacht am Ufer; am andern Morgen erblickten sie einen Hirsch von
wunderbarer Größe, der zum Wasser herabstieg. Das Thier watete durch
den Fluß und daran erkannten die Franken die Furt.
Als sie in die Nähe von Poitiers kamen, sahen sie von fern auf der
Kirche des heiligen Hilarius ein Licht leuchten und schrieben das dem Hei-
ligeu zu, der ihnen den Sieg über ihre Feinde verleihen wollte. Chlod¬
wig bedrohete aber auch hier das fränkische Heer, daß Niemand es wagen
sollte, irgend Etwas zu nehmen, was ihnen nicht zukäme. Die Bewohner
Grube, Geschichtsbilder. II. 8