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Durch Verrätherei ward er sogar dem tapfern Ludolf überliefert, aber dieser
ließ ihn schwören, sich dem König Otto wieder zu unterwerfen, und gab
ihn dann großmüthig frei; auch über Adalbert gewann Ludolf den Sieg.
— Doch bald darauf starb er (957) jähen Todes und die Welschen sag¬
ten, Berengar habe ihn vergiften lassen. Dieser aber fiel jetzt frohlockend
sogar in den römischen Kirchenstaat ein. Da beschloß König Otto, auf die
vielen Bitten des Papstes und der Großen Italiens, selbst nach Italien zu
kommen, um den Berengar zu züchtigen, Ordnung und Gerechtigkeit her¬
zustellen und das Kaiserthum endlich mit dem deutschen Königthum zu ver¬
einigen, wie Karl der Große, Otto's ruhmreiches Vorbild es gethan. Da¬
rum berief er im Jahre 961 die deutschen Fürsten auf einen Reichstag zu
Worms und sie billigten seinen Vorsatz und wählten seinen Sohn, den .
siebenjährigen Otto, welchen er ihnen vorgeschlagen hatte, zu ihrem Könige;
dann zog er mit ihm nach Aachen zum Pfingstfest, dort wurde der Knabe
gekrönt. Hierauf brach der König mit einem großen Heere und von seiner
Gemahlin Adelheid begleitet, von Deutschland auf und fuhr gen Welsch¬
land, in voller Pracht und Herrlichkeit, wie es der Würde eines Königs der
Deutschen geziemte. So kam er nach Pavia. In Mailand erklärten alle
geistlichen und weltlichen Fürsten den Berengar und sein ganzes Geschlecht
als verflucht, für ewige Zeiten der Herrschaft unwürdig und erwählten
Otto zum König. Dann holten sie diesen nach Mailand. Der Erzbischof
dieser Stadt salbte ihn und setzte ihm die „eiserne Krone" der Lombarden
auf; die war von Gold und hieß also von einem eisernen Reif im Innern,
welcher aus einem Nagel vom Kreuze Christi geschmiedet worden.
Als König von Lombardien zog nun Otto im Januar des nächsten
Jahres (962) nach Rom. Dort wallten ihm der Senat, die Ritter und
das Volk, seinen Ruhm lobsingend, zum goldenen Thore heraus entgegen
und er ritt auf einem weißen Roß zum Vatikan und stieg die Stufen zur
St. Peterskirche hinan. Vor ihren silbernen Pforten schwur er, daß er
die römische Kirche immerdar schirmen werde, wie Kaiser Karl es gethan.
Am andern Tag (Mariä Lichtmeß-Fest) salbte ihn der Papst Johannes XII.
in der Peterskirche zum Kaiser und setzte ihm die Krone auf. Zahl¬
loses Volk aus den verschiedenen Ländern der Christenheit jauchzte ihm
zu und alle Großen Roms beschworen ihm auf die Reliquien St. Peters
ihre Treue. Otto aber wollte nicht bloß dem Namen nach Kaiser sein,
sondern waltete auch als solcher in Italien. Da wurden die ersten
Grundsteine der freien städtischen Verfassungen gelegt; besonders aber ließ
sich'S der Kaiser angelegen sein, sowohl sein Verhältniß zu dem Papst,
als auch das des Papstes zu den Römern festzustellen. Doch bald mußte
er erfahren, daß die Römer das Kaiserthum nur als eine leere Würde
ohne Macht betrachteten und ihre Selbstständigkeit der Fremdherrschaft
nicht aufopfern wollten. Mit Strenge trat er denn als oberster Richter
mitten unter die Römer und sie beugten ihren stolzen Nacken; aber so oft
er wieder ferne war, richteten sie sich grimmig empor und rüttelten an der
deutschen Oberherrschaft. Die Deutschen nannten dies Wankelmuth und