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mußte. Wehrthürme krönten die Mauern. Sie ragten in gemessenen
Abständen empor und waren von mannigfacher Bauart, rund, eckig, spitz,
flach. Um die Stadt war das ganze Weichbild mit einem Graben, einer
Landwehr, umzogen, deren Zugänge feste Warten bezeichneten. Wächter
lugten aus ihnen nach den Landstraßen hinaus und meldeten durch Zeichen
jede Gefahr oder das Herannahen reisender Kaufmannszüge, denen in
unsicherer Zeit ein bewaffnetes Geleit entgegen ging. Inwendig an der
Mauer der Stadt durfte sich Niemand anbauen; dergleichen Anbauten
droheten Gefahr des Verraths oder hinderten das Besteigen der Zinnen.
In den meisten Städten wandten sich die Straßen gekrümmt, oft im Sacke
endend, hin und her. Seitdem die Zünfte oder Handwerkerklassen mit
einander kämpften, schloß man sogar einzelne Gassen durch Thore, oder
hing des Nachts Sperrketten ein. Das Rathhaus, auch wohl Bürgerhaus
genannt, ragte über alle Gebäude weltlichen Gebrauchs hervor; auf seinem
schlanken Thurme hing die Glocke mit dem Glöcklein, die zur Raths- und
Gemeindeversammlung oder sonst zu wichtigen Dingen riefen. Auf dem
Rathhausthurme lugte der Wächter iu's Weichbild aus. Kirchen und Rath¬
häuser, Kaufhallen und Zunfthäuser wurden von der ganzen Bürgerschaft
mit großer Ausdauer prachtvoll aufgebaut, besonders die Kirchen und Ka¬
pellen. Himmelhoch erhoben sich die Thürme. Soest, das in neuerer Zeit
fast bis zu einem Dorfe herabsank, zählt noch jetzt sechs bethürmte Kirchen
und Kapellen. Zur Zeit seiner Blüthe zählte es.zehn stattliche Gottes¬
häuser und gegen 27 Kapellen, die Krankenhäuser, Pilgerherbergeu, Marien¬
gärten und anderen kirchlichen Anstalten'nicht gerechnet.
Die Bürgerhäuser blieben Jahrhunderte hindurch sehr einfach. Sie
bestanden nur aus Fachwerk und ragten mit dem Giebel nach der Straße.
Die oberen Stockwerke traten über die unteren hervor und verengten die
schmalen Gassen so sehr, daß sie kaum den Himmel blicken ließen. So
leichte, enge Bauart begünstigte die ungeheuern Feuersbrünste, welche alle
unsere Städte so oft heimsuchten, aus denen sie aber eben so schnell sich
wieder erhoben.
Die häusliche Einrichtung entsprach der Einfalt des Zeitalters. Der
Hausrath, ohne Putz, war dem einfachsten Bedürfniß gemäß und roh ge¬
arbeitet. Beim Mahle aßen Mann und Frau aus einem Teller; ein
oder zwei Becher dienten der ganzen Familie; Fackeln und Laternen
leuchteten bei Nacht den Schmausenden; Kerzen gab es nicht. Die Glasur
irdener Gefäße kam um diese Zeit erst auf. Selbst in wohlhabenderen
Häusern wohnte der Sohn des Hauses mit seiner jungen Frau im Hinter¬
stübchen bei den Eltern; ohne eigene Wirthschaft ging er bei ihnen
zur Kost.
Dennoch aber fand schon das 13. Jahrhundert gesetzliche Beschränkung
der Prunkliebe und Schwelgerei nöthig, die besonders bei Festen geübt
wurde. Das erste Gesetz der Art finden wir bei den fröhlichen prassenden
Wormsern im Jahre 1220. Die Ritter, Richter und Rathleute mit Bei¬
stimmung der ganzen Gemeinde, untersagten die Gastmähler und Gelage^