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füllen und zwang seine Gemahlin, mit ihm aus ihres Vaters Schädel zu
trinken. Die Königin gehorchte, aber in ihrem Herzen schwur sie dem
grausamen Manne bittere Rache. Sie überredete den Helm ich is, welcher
des Königs Milchbruder und Schildträger war, daß er ihn tobten sollte.
Helmichis rieth ihr aber, zu dieser That lieber den Peredeo, einen sehr
starken Mann, zu wählen. Peredeo weigerte sich auch, aber die Königin
wußte ihn doch zu überreden. Während nun der König §ni Mittage schlief,
hieß Rosamunde Alles still sein -im Palaste, daß nicht das leiseste Geräusch
den Schlummer Alboin's störte. Dann nahm sie ihrem Gemahl alle
Waffen weg und sein Schwert, das er im Arme trug, baud sie am
Bette fest, daß er es nicht gebrauchen konnte. Als das geschehen war,
führte sie den Peredeo in's Gemach. Aber Alboin erwachte darüber, und
da er gleich seine Gefahr erkannte, streckte er seine Hand aus nach seinem
Schwerte. Da er dieses nicht losmachen konnte, ergriff er einen Fu߬
schemel und vertheidigte sich mit demselben eine Zeit laug. Aber lauge
konnte er sich nicht schützen, und er mußte den Streichen des Peredeo unter¬
liegen. Die Langobarden beklagten ihren König bitterlich und begruben
ihn unter der Treppe seines Palastes.
Doch auch Rosamunde nahm ein trauriges Ende. Sobald Alboin
getödtet war, heirathcte sie den Helmichis, der sich zum König der Longo-
barden auswarf. Aber die Langobarden wvllten ihn tödten. Da schickte
Rosamunde einen Boten nach Ravenna, wo der Exarch, der Statthalter
des Kaisers von Konstantinopel, wohnte, und ließ ihm sagen, er möchte
ihr ein Schiff senden, daß sie entfliehen könnte. Dies that Longinus —
so hieß der Statthalter ■—- und Helmichis und Rosamunde flüchteten mit
dem Schatze der Longobarden nach Ravenna. Dort überredete Longinus
die Rosamunde, sie sollte seine Frau werden und den Helmichis tödten.
Als Helmichis im Bade saß, überreichte ihm Rosamunde einen Becher
mit Gift und sagte ihm, das wäre ein sehr heilsamer Trank. Doch Hel¬
michis merkte bald, daß er seinen Tod getrunken habe; da zog er sein
Schwert und zwang die böse Frau, den Becher vollends auszutrinken. So
starben sie miteinander.
4. Autharis und Theudekinde.
Die Longobarden machten nun Kleph, einen tapfern Mann von
edlem Stamm, zum König; der breitete ihre Herrschaft aus bis in's süd¬
liche Italien, nach Benevent hinab; dort setzte er einen Grenzherzog ein
mit großer Macht. Aber schon nach 18 Monaten ward Kleph ermordet;
da wollte das Volk keinen König mehr wählen, sondern vertheilte die oberste
Macht nach alter Sitte an viele Herzöge, die in den großen Städten regierten.
Zehn Jahre lang hatte diese Vielherrschaft der Herzöge gedauert, da
schauete das Volk mit Sorgen, daß nur Zwietracht und kein Segen dabei
war, und daß es von der Macht des morgenländischen Kaisers, der noch
die Gegenden an der Meeresküste und alles Land gegen Süden inne hatte,
bald würde bedroht werden. Da kam es darauf zurück, daß ein einziger