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man dann noch kein Land, so wolle er umkehren. Diese Bedingung gehen
sie widerstrebend ein.
War es sein guter Genius, der ihm diesen Einfall gab, oder hatte
er bestimmtere Spuren — am folgenden Tage erreichte das Senkblei schon
den Grund; Rohr und ein Baumast mit rothen Beeren schwamm auf sie
zu und.Landvögel besuchten die Masten. Die Sonne war eben unterge¬
gangen. Noch sah man nichts; aber Kolumbus ließ die Segel einwickeln,
um nicht etwa bei Nacht auf Klippen gestoßen zu werden. Zwei Stunden
vor Mitternacht erblickte er ein Licht von ferne. „Land! Land!" erscholl
es setzt aus jeder Brust; man stürzte einander in die Arme, Einer schluchzte
vor Freuden an des Andern Brust und Kolumbus hatte die Freude, die,
welche vorher sein Leben bedroht hatten, nun zu seinen Fußen zu sehen:
Nach der ersten Trunkenheit des Entzückens erinnerte man sich der höheren
Pflicht und stimmte aus vollem Herzen ein Tedeum an. Die ganze Nacht
verging unter Aeußerungen der Freude, und als der Morgen anbrach
(Freitags, 12. Oktober), sahen sie eine schöne grüne Insel vor sich.
4. Guanahani, Kuba, Hispaniola.
Mit Sonnenaufgang bestiegen sie nun die Boote und ruderten mit
Musik und wehenden Fahnen dem Lande zu. Am Ufer hatte sich fast das
ganze Völkchen der Einwohner versammelt, die eben so sehr über die selt¬
samen Gaste erstaunten, als sie selber bei diesen Staunen erregten. Sie
waren alle ganz nackt, von einer röthlichen Kupferfarbe, mit schwarzem,
straffem Haupthaar. Ihre Sprache hatte etwas Uuzusammeuhängeudes
und Thierisches; sie glichen einer Heerde scheuer Rehe, so furchtsam, wehr¬
los und behende trippelten sie hin und her. Die Spanier wußten erst
nicht, ob sie wirkliche Menschen vor sich hatten.
Das waren nun die Wilden allerdings, nur hatten sich ihre geisti¬
gen Kräfte durchaus nicht entwickelt. Eingeschränkt auf eine Insel, deren
mildes Klima ihnen Früchte, Mais und Maniokwurzeln im Ueberflusse
darbot, hatte die Noth sie weder zum Ackerbau, noch zur Viehzucht, noch
zur Jagd gezwungen, und für wärmere Kleidung brauchten sie auch nicht
zu sorgen, nicht einmal für feste Wohnungen/ Große Thiere, die ihre
List und Stärke hätten üben können, gab es auf der Insel nicht; daher
waren die Indianer so schwach, daß ein europäischer Bullenbeißer einen
ganzen Haufen von ihnen in die Flucht jagte. Auch war die Anzahl
dieser Menschen so gering, daß Niemand den Andern in seiner Nahrung
beeinträchtigte; daher hatte auch Niemand ein Eigenthum, sie hatten sich
noch zu keiner Gemeinde verbunden und lebten wie die Thiere des Feldes.
Kolumbus, in einem reichen Kleide und den bloßen Degen in der
Hand, stand an der Spitze des ersten Bootes, welches an's Land stieg,
um der erste Europäer zu sein, welcher die neue Welt betrat. Ihm folg¬
ten die Andern, und in dem Frcudengefühl des geretteten Lebens, nach
mehr als vicrzehntägigcr Todesangst auf schwankenden Brettern, warfen sie
sich alle nieder und küßten mit Inbrunst die sichere Erde. Das war das