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Im September 1791 war die neue Verfassung oder Konstitution voll¬
endet. Der König, welcher voraussah, daß jeder Widerspruch vergeblich
sein würde, nahm sie in der ihm übergebenen Form an und beschwor sie.
Sie enthielt viel Gutes, aber die königlichen Rechte waren über alles
Maß beschnitten. Als die Versammlung (die man die konstituirende
nannte) auseinander gegangen war, trat bald eine neue an ihre Stelle,
die nun auch das Recht des Königs, die Gesetze des Landes zu bestim¬
men, für sich in Anspruch nahm und sich die gesetzgebende nannte.
Die Mitglieder derselben waren größtentheils junge talentvolle Männer,
aber ohne Welterfahrung, nur vom revolutionären Schwindelgeiste ergriffen.
Unter ihnen zeichneten sich die Abgeordneten des Departements der Gi¬
ronde, die sogenannten Girondisten, aus, deren Absicht war, den Königs¬
thron allmählich zu stürzen und auf dessen Trümmern eine Republik zu
gründen. In dieser Versammlung saßen aber auch die wildesten Jakobi¬
ner, deren boshaftes Trachten dahin ging, den Königsthron nicht allmäh¬
lich, sondern rasch, durch gewaltsame Mittel zu stürzen. So groß auch die
Feindschaft unter den einzelnen Parteien war, in dem Hasse gegen die
königliche Familie kamen sie alle überein. Fast alle Aemter, selbst die
Ministerstellen wurden mit Jakobinern besetzt und die gemäßigteren Män¬
ner zogen sich allmählich von dem Tummelplätze der wildesten Leidenschaften
zurück. Schreckensmänner, wie Robespierre, Marat, Danton,
Manuel, Pethion, deren Namen in der Geschichte Frankreichs ewig
gebrandmarkt bleiben werden, verübten in dieser vielfach bewegten Zeit
Greuel, vor denen das menschliche Gefühl zurückschaudert. Diese Böse-
wichter verbanden sich mit dem leicht verführten Pöbelhaufen zu Schutz
und Trutz, suchten durch dessen Gunst alle bestehende Ordnung zu stürzen,
um selber zu Macht und Reichthum zu gelangen. Bei solcher Pöbelherr¬
schaft galt Rohheit für Patriotismus, Mäßigung für Schlechtigkeit; wie
zur Zeit einer ansteckenden Seuche fürchtete Einer den Andern. Jeder be¬
deckte sich mit den ärmlichsten Kleidern, um sich vor der Wuth des Pöbels
zu schützen. Man brauchte nur recht zerlumpt einherzugehen, um für einen
echten Sohn der Freiheit zu gelten. Der Name „Ohnehosen" (Sanscülotten)
galt für einen Ehrentitel.
Die gesetzgebende Versammlung faßte den Beschluß, es sollten alle
Ausgewanderte, die nicht binnen einer bestimmten Frist zurückkehrten, des
Todes schuldig und ihrer Güter verlustig sein; desgleichen sollten alle
Geistliche, welche die neue Verfassung nicht beschwören würden, als Em¬
pörer und Verräther der Nation gerichtet werden. Als der König sich
weigerte, so harten Beschlüssen, nach welchen er seine eigenen Brüder hätte
ächten müssen, seine Zustimmung zu geben, beschlossen die Jakobiner, die¬
selbe durch einen Volksaufstand zu erzwingen. Zu diesem Zwecke theilten
sie unter den Pöbel der berüchtigtsten Vorstädte Piken aus und am 20.
Juni 1792 drang ein Haufen von 40,000 Menschen, unter Anführung