Full text: Die neue Zeit (Theil 3)

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Feinde es nicht wagten, sie zu verfolgen. An der Spitze der Preußen 
stand der alte Blücher, ein Jüngling trotz des Silberhaares, ein er¬ 
bitterter Feind der Franzosen, des deutschen Volkes Liebling, des Heeres 
Abgott. Er rückte nach Schlesien, Napoleon ihm nach, aber ohne anzu¬ 
greifen, denn hinter dem alten Blücher stand der russische General Tet¬ 
tenborn, die Truppen der Hansestädte und eine todteskühne Freischaar aus 
den edelsten deutschen Jünglingen, unter dem Major Lützow. Das war 
„Lützow's wilde verwegene Jagd!" — so hat sie Einer von ihnen 
getauft, der Dichter glühender Freiheits- und Kriegslieder, Theodor 
Körner, dem das Vaterland lieber war als seine Braut und aller 
Dichterruhm. 
Napoleon schloß einen Waffenstillstand, der vom 4. Juni bis 17. August 
dauerte; beide Theile rüsteten und stärkten sich zu neuem Kampfe. Da 
legte sich Napoleon's Schwiegervater, Kaiser Franz, in's Mittel und ver¬ 
anstaltete einen Kongreß zu Prag. Aber vergebens, Napoleon wollte nicht 
ein Haar breit nachgeben und zeigte, daß er den Frieden nicht wollte. Nun 
aber erklärte ihm auch der österreichische Kaiser den Krieg und 300,000 
seiner Krieger stießen zu dem Heere der Verbündeten. Zwar mißlang ein 
Hauptangriff auf Napoleon bei Dresden, aber desto herrlicher waren die 
Siege der Verbündeten bei Kulm, an der Katzbach, bei Großbeeren und 
bei Dennewitz. Als der kühne Held Blücher am 26. August die Franzosen 
unter Macdonald an der Katzbach traf, rief er seinen Kriegern zu: „Nun 
hab' ich genug Franzosen herüber! Jetzt, Kinder, vorwärts!" Dies 
„Vorwärts" dringt Allen in's tiefste Herz. „Hurrah!" jauchzen sie und 
stürzen auf den Feind. Der Regen schießt in Strömen herab, an ein 
Feuern ist nicht zu denken, aber mit gefälltem Bajonnet dringt das Fu߬ 
volk, mit geschwungenem Säbel die Reiterei in die französischen Heerhaufen 
ein, der alte Blücher, das Schwert in der Faust, Allen voran. Mann an 
Mann, Herz an Herz wird gefochten mit Muth und Wuth, bis die Feinde 
wanken und fliehen. Zürnend rauschten die wilden geschwollenen Wasser 
der Katzbach und rissen die Flüchtigen hinab; 18,000 Feinde wurden ge¬ 
fangen, die ganze Armee Macdonald's war aufgelöst. 
Aber bald sollte an Napoleon selber die Reihe kommen. Die ver¬ 
bündeten Heere hatten sich immer enger zusammengezogen und suchten Na¬ 
poleon in den Rücken zu kommen. Das merkte er und zog sich nach Leipzig 
zurück. Die Verbündeteu folgten ihm. Am 16. Oktober begann der Rie¬ 
senkampf. Mehr als 300,000 Mann Verbündete (Oesterreicher, Preußen, 
Russen, Schweden) standen gegen 200,000 Mann Franzosen und seit acht 
Uhr des Morgens donnerten über 1000 Kanonen gegeneinander, so daß 
die Erde erbebte und viele Fenster in Leipzig zersprangen. Der Kampf 
schwankte unentschieden, Dörfer wurden genommen und verloren. Am 
blutigsten war der Kampf bei Wachau, wo Napoleon selbst hielt, und bei 
den vorliegenden Dörfern Güldengossa und Auenhain. Alle Anstrengungen 
der Verbündeten scheiterten hier an dem Ungestüm der Franzosen und 
Polen, Napoleon selbst sprengte wiederholt mitten im Feuer aufmunternd
	        
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