Full text: Die neue Zeit (Theil 3)

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den Spaniern zur beliebigen Bestrafung ausliefern. Kortez antwortete, 
das verstünde sich von selbst, aber damit könne er noch lange nicht zu¬ 
frieden sein. Es sei kein Mittel, sich in dem Zutrauen der Spanier 
wieder herzustellen, als daß er sich freiwillig entschlösse, eine Zeit lang 
mitten unter ihnen zu wohnen. Montezuma erblaßte, nahm sich aber bald 
wieder zusammen und antwortete wie ein Mann, der seine Würde kennt. 
Kortez ward immer ernster. Drei Stunden ward hin und her geredet; 
endlich rief ein rascher spanischer Offizier: „Wozu die Umstände? Fort 
mit ihm oder stoßt ihn nieder!" Der König erschrak über die Stimme 
und Geberde des Mannes und fragte die Dolmetscherin, was er gesagt 
habe. Als er es erfuhr, zitterte er heftiger und nach langem Schwanken 
ergab er sich. Als er hinausgeführt ward, lief das staunende Volk zu¬ 
sammen; er aber winkte mit den Händen und nahm eine heitere Miene 
an, um seine Unterthanen glauben zu machen, es sei sein eigener Entschluß. 
Kortez unterließ übrigens nichts, was dem tief gebeugten Monarchen seinen 
Zustand erträglicher machen konnte, und begegnete ihm mit ausgezeichneter 
Höflichkeit. Seine ehemaligen Räthe hatten zu seinem Gefängniß täglich 
freien Zutritt. Jener mexikanische Feldherr wurde bald nachher mit seinen 
vornehmsten Offizieren, zum Entsetzen aller Mexikaner, lebendig verbrannt, 
und das aus einem Scheiterhaufen, den man aus lauter mexikanischen 
Waffen aufgethürmt hatte. 
Um sich der Herrschaft noch gewisser zu versichern, bewog Kortez den 
König, seine klügsten Räthe abzusetzen und schwächere dagegen anzunehmen. 
Unter dem Vorwand, ihm einen Begriff von europäischer Schiffbaukunst 
zu geben, worauf er ihn schon lange neugierig gemacht hatte, ließ er zwei 
Brigantinen zimmern und in den mexikanischen See stoßen, wodurch er 
sich schlau genug des ganzen Gewässers um die Stadt versicherte. Endlich, 
nachdem er den schwachen König durch alle Stufen der Erniedrigung ge¬ 
führt hatte, mnthete er ihm geradehin zu, sich für einen Vasallen des 
Königs von Spanien zu erklären und einen jährlichen Tribut zu entrichten. 
Bei dieser Forderung brach der unglückliche Mann in Thränen aus. Aber 
was konnte er jetzt noch verweigern? Die Unterwerfnngsformalität, die 
Kortez so feierlich als möglich einrichtete, ging vor sich, vor den Augen 
des ganzen Volks, welches darüber in tiefe Trauer gerieth. 
Bei allem Unglück hielt den Montezuma noch immer die Hoffnung 
aufrecht, seine gefürchteten Gäste würden nun bald abziehen, da ihr Auf¬ 
trag nun ausgerichtet sei. Kortez ließ ihn bei diesem Glauben und sagte, 
man müsse nur erst die gehörigen Schiffe bauen. Eigentlich wartete er 
aber nur auf die Verstärkung ans Spanien, wohin er schon vor 9 Monaten 
Depeschen gesandt hatte. Freilich wußte er nicht, daß diese Depeschen von 
seinem Feinde Velasquez waren aufgefangen worden, und daß von dorther 
ein Gewitter gegen ihn heranzog, welches ihn mit einem Schlage um 
alle Früchte seines Muthes und seiner Klugheit zu bringen drohete.
	        
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