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den Spaniern zur beliebigen Bestrafung ausliefern. Kortez antwortete,
das verstünde sich von selbst, aber damit könne er noch lange nicht zu¬
frieden sein. Es sei kein Mittel, sich in dem Zutrauen der Spanier
wieder herzustellen, als daß er sich freiwillig entschlösse, eine Zeit lang
mitten unter ihnen zu wohnen. Montezuma erblaßte, nahm sich aber bald
wieder zusammen und antwortete wie ein Mann, der seine Würde kennt.
Kortez ward immer ernster. Drei Stunden ward hin und her geredet;
endlich rief ein rascher spanischer Offizier: „Wozu die Umstände? Fort
mit ihm oder stoßt ihn nieder!" Der König erschrak über die Stimme
und Geberde des Mannes und fragte die Dolmetscherin, was er gesagt
habe. Als er es erfuhr, zitterte er heftiger und nach langem Schwanken
ergab er sich. Als er hinausgeführt ward, lief das staunende Volk zu¬
sammen; er aber winkte mit den Händen und nahm eine heitere Miene
an, um seine Unterthanen glauben zu machen, es sei sein eigener Entschluß.
Kortez unterließ übrigens nichts, was dem tief gebeugten Monarchen seinen
Zustand erträglicher machen konnte, und begegnete ihm mit ausgezeichneter
Höflichkeit. Seine ehemaligen Räthe hatten zu seinem Gefängniß täglich
freien Zutritt. Jener mexikanische Feldherr wurde bald nachher mit seinen
vornehmsten Offizieren, zum Entsetzen aller Mexikaner, lebendig verbrannt,
und das aus einem Scheiterhaufen, den man aus lauter mexikanischen
Waffen aufgethürmt hatte.
Um sich der Herrschaft noch gewisser zu versichern, bewog Kortez den
König, seine klügsten Räthe abzusetzen und schwächere dagegen anzunehmen.
Unter dem Vorwand, ihm einen Begriff von europäischer Schiffbaukunst
zu geben, worauf er ihn schon lange neugierig gemacht hatte, ließ er zwei
Brigantinen zimmern und in den mexikanischen See stoßen, wodurch er
sich schlau genug des ganzen Gewässers um die Stadt versicherte. Endlich,
nachdem er den schwachen König durch alle Stufen der Erniedrigung ge¬
führt hatte, mnthete er ihm geradehin zu, sich für einen Vasallen des
Königs von Spanien zu erklären und einen jährlichen Tribut zu entrichten.
Bei dieser Forderung brach der unglückliche Mann in Thränen aus. Aber
was konnte er jetzt noch verweigern? Die Unterwerfnngsformalität, die
Kortez so feierlich als möglich einrichtete, ging vor sich, vor den Augen
des ganzen Volks, welches darüber in tiefe Trauer gerieth.
Bei allem Unglück hielt den Montezuma noch immer die Hoffnung
aufrecht, seine gefürchteten Gäste würden nun bald abziehen, da ihr Auf¬
trag nun ausgerichtet sei. Kortez ließ ihn bei diesem Glauben und sagte,
man müsse nur erst die gehörigen Schiffe bauen. Eigentlich wartete er
aber nur auf die Verstärkung ans Spanien, wohin er schon vor 9 Monaten
Depeschen gesandt hatte. Freilich wußte er nicht, daß diese Depeschen von
seinem Feinde Velasquez waren aufgefangen worden, und daß von dorther
ein Gewitter gegen ihn heranzog, welches ihn mit einem Schlage um
alle Früchte seines Muthes und seiner Klugheit zu bringen drohete.