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Ehestreitigkcit König Philipp« k. von Frankreick,, der 1060 auf sei¬
nen Vater Heinrich gefolgt war, veranlaßt zu einer Reise nach
Frankreich. König Philipp von Frankreich war seiner Neigung und
seinem Lebenswandel nach nicht ein Haar bester als Heinrich IV. in
Deutschland, und die Kirche war, bis Gregor VII. eingrif, in
Frankreich wo möglich in noch schlechterem Zustande als in Deutsch,
land. Gregor schrib anfangs Philipp drohende, eindringliche Brie¬
fe; dieser fügte sich im einzelnen, gab gute ÜSortc, aber daS Be¬
dürfniss nach Geld brachte ihn immer wider dazu, die Kirchenord-
nungcn zu verletzen; endlich behandelte ihn Gregor mit einer von
väterlichem Wohlwollen noch nicht ganz entblößten Verachtung. Phi¬
lipp lebte ausgelosten unter einem auSgclaßencn Hofstate, und schickte
endlich um daS Jahr 1090 seine Gemahlin nach Montrcuil, wo sie
blib bis sie starb >094. Inzwischen lernte er Bertradcn kennen, die
Schwester AmalrichS von Montfort, Gemahlin deß Grafen Fulco
von Anjou, verliebte sich in sie, beredete sie, ihrem Gemahle zu
entfliehen und lebte mit ihr; e« fand sich sogar ein pflichtvergcße-
ner Geistlicher, der ihn mit ihr traute; aber die Kirche, und be¬
sonders Erzbischof Ivo von ChartrcS war dieser Ehe fortwärend
entgegen. In diesen Angelegenheiten zunächst kam Urban II. 1095
nach Frankreich und sagte ein Concilium zu Clermont acht Tage
nach Martini an, auf welchem zugleich die KreuzzugSsache zuerst
großartig betriben ward, denn nachdem eine Reihe von Beschlüßen
zu bcßcrer Kirchenordnung gefaßt, nachdem über König Philipp der
Kirchenban ausgesprochen und festgesetzt war, daß eine Walfart nach
Jerusalem jeder kirchlichen Buße gleich gelten solle, versammelte der
Pabst Geistliche und Laien auf dem größten Platze der Stadt. Ur¬
ban und Peter sprachen zu der Menge; endlich brach diese in be¬
geisterten Zuruf aus, und vile von den Großen bezeichneten sich mit
dem Kreuze: Ademar, Bischof von Puy-en-Velay, welcher vom
Pabste zu seinem Vicar bei dem Zuge «rnant ward; Hugo, Kö¬
nig Philipp« Bruder; Gottfried von Bouillon, Herzog von
Niderlvtringen, und seine Brüder Balduin und Eustach, Söh»
ne des Grafen Eustach von Boulognc; Robert der jüngere von
Flandern; Stephan, Graf von Blot«, Chartre« und Mcaux
u. s. w.
Von der französischen Ritterschaft gieng der Enthu¬
siasmus auch auf die verwandten h^ren Stände in Eng¬
land über; hier nämlich hatten die Angelsachsen inzwischen
die Herschaft verloren, und ein ganz neuer Adelstand, fran¬
zösischer und niderländischer Abkunft, war an die Stelle
des angelsächsischen Adels getreten.
Englische Reichs - und RechtSgcschichtc seit der Ankunft der Normannen im
Jahre 1006. nach Ehristi Geburt. Von George Phillips, Ir Bd. Bcr-
Un 1827. 8.