Full text: Lesebuch für unterfränkische Fortbildungsschulen

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Wenn nach des Tages muntern Spielen 
Der Knabe müd’ zur Ruhe ging, 
Nach manchem Drohen erst und Bitten. 
Ob auch der Schlaf am Auge hing, 
Dann rief ich's von der letzten Stiege 
Hinunter noch einmal geschwind 
Und fröhlich kam die Antwort wieder: 
»Gute Nacht, Mutterlc 
»Gute Nacht, Kindl« 
Und saß der Jüngling bei den Büchern, 
Ob noch so spät sein Blick aufglitt 
Von Blatt zu Blatt hin, eifrig forschend, 
Ich hörte doch den leisen Tritt, 
Das Lauschen an der Türe hört’ ich; 
Ich wußte, wer da sorgt und sinnt. 
Hinüber und herüber klang es: 
»Gute Nacht, Mutter!« 
»Gute Nacht, Kindl« 
Dann kam die Zeit, da ich gesessen 
An deinem Bett, wie lang, wie oft! 
Hielt deine bleiche Hand umschlungen 
Und hab’ verzagend noch gehofft, 
Sah dir ins müde, liebe Auge, 
0 komm doch, Schlaf, erquickend lind 1 
Er kam; zum letzten Male klang es: 
»Gute Nacht, Mutter!« 
»Gute Nacht, Kind!« 
Wie Glockenklang vom Meeresgrunde 
Ein Wort durch meine Seele zieht, 
So wehmutsvoll wie Abendstimmen, 
So mild als wie ein Schlummerlied. 
Und kann ich keine Ruhe finden, 
Wenn Gram und Sorge mich umspinnt, 
Dann hör’ ich's raunen, Frieden bringend; 
»Gute Nacht, Mutter!« 
»Gute Nacht, Kind!« 
J. Löwnnber?
	        
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