Full text: Vaterländisches Lesebuch für die Evangelische Volksschule Norddeutschlands

2S. Die Lerche 
Zu dem Bauersmann, der auf seinen Acker geht, ihn pflügt oder 
Korn darauf säet, kommt oft ein feines Vögelein und singt ein schönes 
Lied. Dabei filzt es nicht auf der Erde oder auf einem Baume, wie 
die andern Vögel es thun, — nein, hoch in der Luft fliegt cs, wenn 
cs singt. Das ist die Lerche. Sie fleht bräunlich aus und hat oft ein 
Federkrönchen auf dem Kopfe. An ihren Füßen hat sie einen Sporn, 
wie der Hahn und der Reitersmann. Die Lerche singt schon früh. Sie 
will dem lieben Gott danken für die gute Nacht, die er ihr gegeben, für 
die vielen Würmchen und Körnchen, die er sie hat finden lassen. Jetzt 
schweigt sie. Sie ist nicht mehr zu sehen. Wo mag sie geblieben sein? 
Wenn wir in's Kornfeld gehen und das Gras und die Halme sacht 
zurückbiegen, dann sehen wir sie wieder und noch mehr dazu. Dort ist 
ihr kleines Nest unten auf der Erde. Von Gras und Haaren ist es ge¬ 
baut, und niedliche Eier liegen darin. Bald aber sind sie ausgebrütet, 
und arme, kleine Vögel liegen im Neste, die haben noch kein Federkleid. 
Damit sie nicht frieren, deckt sie die Mutter mit ihren warmen Flügeln 
zu, und der Vater holt Würmchen und Körnchen für die hungrigen 
Kinder. Dann sperren sie den Schnabel aus, und der Vater giebt ihnen, 
was er mitgebracht hat. 
Wenn der Herbst kommt und die Blätter abwirft von den Bäu¬ 
men, dann ziehen unsere Lerchen fort in wärmere Länder. Hier ist ja 
nichts als Eis und Schnee, dort aber ist es Sommer, dort giebt es 
Körnchen und Würmchen vollauf. Auf der Reise begegnet mancher 
Lerche ein Unglück. Den ganzen Tag sind sie geflogen, nun sind sie 
hungrig und müde: sie wollen ausruhen und ein wenig Futter suchen. 
Sieh, dort im Busche steht eine Hütte. Rund umher liegen die schön¬ 
sten Körnchen. „Wir wollen hinfliegen und ein paar Körnchen fressen", 
denken die Lerchen und fliegen hin. Ach, sie wissen nicht, was der 
Mann mit ihnen thun will, der in der Hütte wohnt. Er will sie fangen 
mit seinem Netze, mit Schlingen und Leimruthen, will sie in ein Bauer 
fetzen und vor das Fenster hängen, oder sie auch tödten und an die 
reichen Leute verkaufen, die sie braten und dann verzehren. 
Da machte ich es doch lieber, wie unsere kleine Anna. Sie hatte 
auch ein Lerchlein, das sang so schön und lieblich. Als aber die 
Schwestern wieder kamen aus fremdem Lande, da saß das Thierchen
	        
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