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Eidechsen und Frösche. Es ist, als ob sie in der Schönheit der Natur
etwas Fremdartiges wären, und in der That scheint auch, daß wenigstens
die großen krokodilähnlichen Eidechsen nur ein Ueberblcibsel der Vorzeit
sind, in welcher es deren noch mehrere, noch schrecklichere gab; namentlich
war das Meer von riesenhaften Fischeidechscn bevölkert, welche theils mit
kurzem Fischhals unter Wasser, theils mit langem Schwanenhals über
Wasser ihre Beute suchten, und deren Gliedmaßen denen der schwimmenden
Mcersäugetbiere ähnlich gebildet waren.
107. Das Athmen der Fische.
Wer die Gestalt der meisten Fische einem prüfenden Blick unterwirft,
der wird mit Leichtigkeit erkennen, dasz sie in jeder Beziehung für die
gewandtesten und kraftvollsten Bewegungen im Wasser ausgerüstet sind.
.Solche Fische, die wie der Aal sich schlangengleich auf dem Lande be¬
wegen können, oder kletternd und hüpfend die Felsen, ja selbst die
Bäume besteigen , oder! sich mittelst ihrer Floszfedern flatternd über den
Meeresspiegel erheben, bilden stets nur die Ausnahme, in der die Natur
zeigt, was sie auch mit den ärmsten Mitteln zu leisten weisz. Im allge¬
meinen aber ist nur die vollkommnere Bewegung in dem Wasser durch
die Gestalt des Fisches erstrebt, dessen Flossen die Vorbilder des Kiels
und des Ruders, dessen Schwanz in seiner Bewegung ein Vorbild des
Steuers und selbst der Schiffsschraube, und dessen ganze Gestalt ein Vor¬
bild der neuesten, fast unter Wasser fahrenden Kriegsschiffe gewesen ist.
Allein die Natur hat auch den für die Erfrischung des Blutes unent¬
behrlichen Vorgang des Athmens, welcher jeden Fisch belebt, zu einem
Hülfsmittel seiner Bewegungen gemacht.
Da der Fisch nur in seltenen Fällen Gelegenheit hat Luft zu athmen,
so musz er seinen Luftbedarf sich aus dem Wasser aneignen, das stets
eine kleine Menge davon in Auflösung unsichtbar enthält. Er läszt daher
grosze Mengen Wassers in seinen Mund einströmen und hinter seinem
Kopfe ausströmen. Die glatten Seitenschalen, welche seinen Kopf bilden,
bedecken ein dichtes Fasergewebe von Kiemen, welches den Sauerstoff der
Luft an sich behält und ebenso wie die Lunge dem Blute übergiebt; aber
indem das Wasser durch den Druck der Kiemendeckel gewaltsam nach
hinten gepreszt wird, entsteht daraus ein mächtiges Organ der Vorwärts¬
bewegung nach demselben Gesetze, nach welchem man auch neuerdings
durch das Ausstoszen eines Wasserstrahls unter dem Wasserspiegel
Schiffe hat bewegen wollen.
Aber noch in anderer Weise müssen die Vorgänge des Athmens den
Fischen zur Hülfe bei ihren Bewegungen dienen.
An Stelle der Lunge, welche ihnen fehlt, haben sie die bekannte
zweitheilige Schwimmblase, in welcher sich Luft befindet', und zwar Luft,
welche in der Regel um so reicher an Sauerstoff ist, in je gröszerer Tiefe
das Thier lebt, und die daher in Fällen des Luftmangels ihm aushelfen
musz bei der Erfrischung des Blutes; allein diese zu den Athmungs-
organen des Fisches mitgehörige Blase ist ihm zugleich ein unentbehr¬
liches Werkzeug für seine Bewegung im Wasser. Indem er sie durch
seine Muskeln zusammendrückt, wird sie kleiner, und mit ihr der ganze
Körper des Fisches; er wird also verhältniszmäszig schwerer und sinkt;
ebenso steigt er, wenn er durch Dehnung seines Körpers die Schwimm¬
blase erweitert und seinen Körper gröszer macht. Daraus folgt, dasz er
in jeder Tiefe des Meeres, welche er aufsucht., gleichsam schweben bleibt
und seine Flossenkraft nicht zur Erhaltung dieser Lage oder zum Steigen
Vaterländisches Lesebuch. 26