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Ufern liegen die ungeheuern Gebiete der Vereinigten Staaten von Nord'»
amerika.
Aus fünf großen See'n, die treppenförmig übereinander liegen, entsteht der
Sohn dieser See'n, der Lorenz-Strom. Er bildet beständig Stromschnellen und
Wasserfälle, unter denen der Niagara-Fall der berühmteste ist, dessen 4000 Fuß
breite Wassermasse I6O Fuß tief herniederstürzt. Der Lorenz-Strom geht nord-
östlich in's atlantische Meer. — Ein Kranz von zum Theil bedeutenden See'n
umlagert die Hudsonsbay (Höddflnsbeh). Im Osten derselben liegt Labrador,
im Süden Canada (Kännädä), im Westen breitet sich das britische Nord¬
amerika aus. Unter den Inseln im Norden ist Grönland die bedeutendste.
Das Klima Amerika's durchläuft von Stufe zu Stufe alle Grade von der
erstarrendsten Kälte in den Polarländern bis zu der brennendsten Hitze unter den
senkrechten Strahlen der Sonne.
76. Grönland.
Grönland liegt im nördlichsten Theile von Amerika. Es ist von hohen
Eisbergen umlagert, die in dem kurzen Sommer nie ganz schmelzen. Die Gebirge
liegen voll ewigen Schnee's.
In Grönland sängt der Sommer mitten im Juli an, und im August zieht
er schon wieder fort; Sturm und Schnee, Eis und Kälte folgen ihm eilig nach.
Aber in den vier Wochen, wo er herrscht, geht die Sonne Abends 10 Uhr erst
unter und Morgens 2 Uhr ist sie schon wieder da und geht an ihr Geschäft. Dann
find auch die Bewohner Grönlands fleißig bei der Hand mit Graben, Säen
und Pflanzen. In wenigen Tagen schon spalten Kohlgesäme und Kartoffeln die
Erddecke; das Moos an den Felsen nimmt eine frischere Farbe an, und in den
Thälern schmücken sich die kaum ellenlangen Weiden und Birken mit neuem, frischem
Laube. Obst und Getreide gedeihen aber in dem kalten Lande nicht.
Das wichtigste Thier für den Grönländer ist der Seehund. Er ist etwa so
groß wie ein Schaf, hat einen runden Kopf, Spürhaare unter der Nase und kurze
Dorderfüße. Die noch kürzeren Hinterfüße, die eine Schwimmhaut haben, find
sammt dem kurzen Schwänzchen so wagerecht nach hinten gekehrt, dass das Hinter-
theil des Thieres fast wie ein Fischleib aussieht. Damit ihn nicht friere, wenn
er, Fische suchend, im kalten Wasser umherschwimmt, hat ihn Gott mit einem
dicken Pelze bekleidet. — Auf dieses Thier machen die Grönländer Jagd. Sie
sitzen dabei in ihren oft 20 Fuß langen Kasacks (Boot), die von leichten Stangen
gebaut, mit Fellen überzogen find und nur einen Mann tragen, der sich henein-
setzt und die überstehenden Felle an seinem Leibe festbindet. Selbst bei stürmen¬
der See rudern sie hinter dem Thiere her und erlegen es mit Harpunen. Aus
den gereinigten Gedärmen der Seehunde machen sie sich Fensterscheiben, aus dem
Felle aber warme Kittel, an denen gleich die spitze Mütze befestigt ist, Stiefeln und
Handschuhe. Das Fleisch kochen sie aus und essen es, so thranig es auch schmeckt;
das Fett liefert den Thran, den sie an dänische Kaufleute verhandeln. — Gegen
Krankheiten hat Gott den Grönländern ein treffliches Heilmittel gegeben, das in
allen Thälern und an allen Bergen wächst, nämlich das wohlschmeckende und blut»
reinigende Löffelkraut. Die Wälder Amerika's liefern ihnen das nöthige Holz,
das durch die Strömungen des Meeres an die Küsten getragen wird.
Die Bewohner Grönlands heißen Eskimos. Es find kleine Menschengestal¬
ten, kaum 5 Fuß hoch. Sie haben langes, zchwarzes Haar, große, breite Köpfe,
dünne Beine und eine gelbliche Körperfarbe. Im Winter wohnen sie in Hütten,
die mit Rasen bedeckt sind, zuweilen auch in Schneehütten. Eine lange Bank in
der Mitte dient als Tisch und Bett; eine Thranlampe erhellt mit ihrem düsteren
Scheine das Gemach. Oft wohnen mehrere Familien zusammen. — In religiösen
Dingen herrscht unter ihnen finsterer Aberglaube. Vor 800 Jahren gab es an
der östlichen Küste Grönlands blühende Gegenden. Normänner aus Däne¬
mark und Schweden hatten sie bevölkert und auch das Christenthum dahin-