Full text: Preußischer Kinderfreund

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denthränen sangen zum Schlüsse der erhabenen Feier alle Anwesenden: „Nun 
danket Alle Gott." 
Die Huldigung der andern Provinzen empfing der König in Berlin am 
15. Oktober desselben Jahres. 
88. Zum Geburtstage Friedrich Wilhelm IV. 
(Der 15. Oktober.) 
1. Die Geburtsfeier in Paretz. 
Gewöhnlich feiert unser König Friedrich Wilhelm IV. mit seiner 
Gemahlin Elisabeth den Tag seiner Geburt still im Kreise der Seinen auf 
einem Landgute in der Nähe von Potsdam. Paretz heißt der friedliche und 
freundliche Ort, wo schon der hochselige König Friedrich Wilhelm III. gern 
weilte. Hier und noch in zwei benachbarten königlichen Dörfern freuen sich die 
Bauern und Tagelöhner schon das ganze Jahr auf den festlichen Tag, wo ihre 
königliche Gutsherrschaft den hohen Geburtstag in ihrer Mitte feiert. Sie 
haben's aber auch Ursache. Für diesen Tag werden nämlich alle zwei Jahre 
sämmtliche Schulkinder vom Kopf bis zum Fuße neu bekleidet. Da stehen sie 
denn in Schaaren mit ihren Lehrern und empfangen die hohen Herrschaften 
mit einem herzlichen Hurrah! Die Geistlichen und die Pächter der königlichen 
Güter gratuliren ehrfurchtsvoll zum Geburtstage. An den niedrigen Fenstern 
des einfachen Herrenhauses stehen dann Männer, Frauen und Kinder in dichter 
Menge und schauen ungehindert in den Saal mit freudestrahlenden Blicken, wo 
das glückliche königliche Paar mit den Prinzen und Prinzessinnen an der fest¬ 
lichen Tafel sitzt. 
Sie erheben sich; nun ist die Tafel zu Ende. Jetzt entsteht eine freudige 
Bewegung unter der Menge. Denn heraus tritt der hohe und doch so freund¬ 
liche Herr, und an seiner Seite die milde, liebenswürdige Landesmutter, unsere 
Königin Elisabeth. Da reicht denn der leutselige König dem armen Tag¬ 
löhnerjungen mit freundlichem Scherze ein Glas Wein. Die pausbäckigen 
Bauernkinder drängen sich um ihn, wie um einen lieben Vater, und verlangen 
sehnsüchtig nach dem Labetrunke, aber noch mehr, dass ihr König freundlich nüt 
ihnen thue. Und die Königin bricht den feinen, weißen Kuchen den kleinsten 
Kindern selbst und spricht auf's Freundlichste mit ihnen und erkennt manches 
nruntere, volle Gesicht wieder und freut sich über das Gedeihen der Kinder. 
Da tritt Manchem eine Thräne in's Auge, wenn er so den lieben Landesvater 
und die treue, gütige Landesmutter walten sieht. 
2. Werke königlicher Milde. 
Die Liebe unsers frommen Königspaares haben Paretz und die beiden 
andern königlichen Dörfer vor ein Paar Jahren zu Königs Geburtstage noch 
besonders erfahren. Da ist's nämlich dem hohen königlichen Paare zu Herzen 
gegangen, dass so viele kleine Kinder der armen Buuem und Tagelöhner ddn 
ganzen Tag ohne Aufsicht wild aufwachsen. Denn ihre Eltern müssen auf die 
Arbeit gehen. Wie leicht kann nun ein so verlassenes Kind zu Schaden kom¬ 
men, wie leicht lernt es ohne Aufsicht der Eltern allerlei Böses l Darum haben 
die königlichen Herrschaften eine Kleinkinder-Bewahranstalt errichtet. In einem 
reinlichen Häuschen nüt Hof und Garten wohnt eine gute Frau, zu der bringen 
die armen Eltern früh Morgens, wenn sie zur Arbeit gehen ihre Kinder. Na¬ 
türlich müssen die Kinder rein gewaschen und hübsch gekämmt sein, auch reinliche
	        
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