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ein pfälzischer Ritter (geboren 1481), dessen Stammschloß Sickingen
im Kraichgau lag. Sickingen war in jenen Tagen neben Frunds-
berg und Fürstenberg einer der erprobtesten deutschen Con-
dottiere oder Führer von selbstgeworbenen Söldnern, an deren
Spitze er, abwechselnd in Diensten des Kaisers, schon unter Maxi¬
milian, des schwäbischen Bundes und Anderer, als ein Meister
im Kriege sich bewährte. Dabei bestand Sickingen manche Fehde
als Vorkämpfer für die Rechte seiner Standesgenossen, oder als Be¬
schützer und Anwalt von Bedrängten und Verfolgten. Der kirchlichen
Neuerung war er von Anfang an zugethan; Sickingen's Burgen,
Nannstuhl bei Kaiserslautern, Ebernburg an der Nahe u. s. w.
wurden Freistätten, wo vertriebene evangelische Prediger und andere
Verfolgte, unter ihnen Ulrich von Hutten, Oecolampadius,
Aufnahme und Schutz fanden. Auf der Ebernburg war zuerst
der Gottesdienst nach den neuen Formen eingeführt worden.
4) Um diesen Mann voll hohen Sinnes und kühner That
sammelte sich die Ritterschaft am Rhein und in Franken. Auf
einer Versammlung zu Landau (Frühjahr 1522) beschloß die Ritter-
schaft, zum Schutze ihrer Rechte, der Verfassung des Reichs und
der evangelischen Lehre sich zu einigen, und Sickin gen als gemein¬
samen Hauptmann zu, erkennen. Mit dem niederdeutschen Adel
wurden Verbindungen angeknüpft, und Ulrich von Hutten rich¬
tete eine Schrift an die Reichsstädte, um sie zu einem gemeinsamen
Vorgehen gegen die Gewaltthätigkeiten der Fürsten einzuladen.
5) Bald nachher machte Sickin gen Rüstungen, angeblich
zur Unterstützung des Kaisers in dem gegen Frankreich ausge¬
brochenen Kriege. In der That aber galt es andern weiter gehen¬
den Zwecken. Am 27. Aug. 1522 kündigte Sickin gen einem
der ersten Fürsten des Reichs, dem Erzbischöfe von Trier,
Richard von Greiffenklau, in alter Weise Fehde an, „um
der Dinge willen, die er gegen Gott und kaiserliche Majestät ge¬
handelt." Zugleich versprach er in einem Manifest den Trierischen
Unterthanen, sie von dem schweren antichristlichen Gesetz geistlicher
Herrschaft zu erlösen, und sie zur evangelischen Freiheit zu bringen.
6) Mit dem auch wegen seiner Hinneigung zu Frankreich
ziemlich allgemein verhaßten Trierer Kirchenfürsten mochte Sickin¬
gen hoffen, bald fertig zu werden. Er nahm die Stadt St.
Wendel und lagerte mit ziemlicher Streitmacht vor Trier. Aber
der Erzbischof war ein entschlossener Mann und vertheidigte die
Stadt mit Geschick. Sickin gen mußte die Belagerung aufgeben
und zog sich auf die Ebernburg zurück. Denn benachbarte Fürsten,
der Kurfürst von der Pfalz und der Landgraf von Hessen, die
gemeinsame Gefahr wohl erkennend, rückten schnell mit überlegenen
Truppen ins Feld, um die bedrohte fürstliche Gewalt gegen die
Ritterschaft zu vertheidigen.