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1. Der Urzustand des deutschen Volkes.
in Volksstämmen von 50000 und 100000 Familien unter einem
Fürsten vereinigt ohne Steuer oder Abgabe. Der Ertrag eigner
Güter, Kriegsbeute und Geschenke sicherten den Hofhält der
Könige und Edelinge sowie die Kosten der Heerzüge. Jeder
Wehrhafte war zum Kriegsdienste verpslichtet im sogenannten
Heerbanne. Bisweilen bekriegten die Volksstämme sich unter¬
einander oder standen im Solde fremder Völker. Die Herrsch¬
gier des schlauen Roms wußte die Zwietracht zu schüren.
Die herrlichsten Keime deutscher Tugend und Größe waren
das Familienleben und die Überzeugung ewiger Fortdauer, die
den Tod verachten ließ. Das Weib war höher geachtet wie
bei jedem andern Volke, und Züchtigkeit, Aufrichtigkeit und
Treue bildeten die Grnndzüge deutscher Art.
Die Hauptgottheiten, deren Namen noch in unsern Wochen¬
tagen Gobestag (Mittwochen), Donnerstag und Freitag an¬
klingen, bildeten die Familie: Vater, Sohn und Mutter. Jede
davon halte etliche hundert Namen zu verschieden mythologischen
Beziehungen, woraus später nach römischen Muster die Götter¬
vielheit erwuchs. Das altdeutsche Wort: „Aller guten Dinge
sind drei" rc. re. bezeichnet die ursprüngliche Dreiheit, die durch
Sprache, Sitte und vielfach auch durch den Landball hervor¬
tritt. Die Vorstellung von dem Leben ilach dem leiblichen Tode
entsprach dem Bildungsstande. Die durch das Schwert ge¬
fallenen Tapfern zogen ein in die ewigen Freuden der Walhalla
(Himmel), und für Verräter und Feiglinge war die Hela
(Hölle). Mancher schauderhafte Aberglaube warf dunkle
Schatten auf die schönen Lehren des Volksglaubens. Die
Priester standen in hohem Ansehen. Söhne der Könige und
Fürsten wurden dazu gewählt. So auch lvählte der Volksstamm
seine Könige nach der Herkunft, die Feldherren (Herzoge) nach
ihrer Tapferkeit. Der freie Deutsche liebte und übte den Krieg
und die Jagd und überließ den Weibern und Leibeigenen die
Bearbeitung des Bodens und jede friedlich nährende Beschäftigung.
Dies waren die Grundzüge des gesellschaftlichen Wesens
unserer Altvordern, und darin liegen die Keime der Herrlichkeit
sowie aller Schatten und Schicksale unseres Volkes. Neben
hohen Vorzügen war die Rechtlosigkeit der Leibeigenen und
Hörigen der dunkelste Schatten. Desto schauderhafter war dies,