227. Der Graf von Habsburg.
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Und sieh! in der Fürsten umgebenden Kreis
Trat der Sänger im langen Talare;
Ihm glänzte die Locke silberweiß,
Gebleicht von der Fülle der Jahre.
„Süßer Wohllaut schläft in der Saiten Gold;
Der Sänger singt von der Minne Sold;
Er preiset das höchste, das beste,
Was das Herz sich wünscht, was der Sinn begehrt;
Doch sage, was ist des Kaisers wert
An seinem herrlichsten Feste?"
„Nicht gebieten werd' ich dein Sänger", spricht
Der Herrscher mit lächelndem Munde;
„Er steht in des größeren Herren Pflicht;
Er gehorcht der gebietenden Stunde.
Wie in den Lüften der Sturmwind saust,
Man weiß nicht, von wannen er kommt und braust,
wie der «Duell aus verborgenen Tiefen,
So des Sängers Lied aus dem Innern schallt,
Und wecket der dunkeln Gefühle Gewalt,
Die im Herzen wunderbar schliefen."
Und der Sänger rasch in die Saiten fällt
Und beginnt sie mächtig zu schlagen:
„Aufs weidwerk hinaus ritt ein edler Held,
Den flücht'gen Gemsbock zu jagen;
Ihm folgte der Knapp' mit dem Iägergeschoß.
Und als er auf seinem stattlichen Roß
In eine Au kommt geritten,
Ein Glöcklein hört er erklingen fern;
Ein Priester war's mit dem Leib des Herrn;
voran kam der Mesner geschritten.
Und der Graf zur Erde sich neiget hin,
Das Haupt mit Demut entblößet,
Zu verehren mit gläubigem Lhristensinn,
was alle Menschen erlöset.
Ein Bächlein aber rauschte durchs Feld,
von des Gießbachs reißenden Fluten geschwellt,
Das hemmte der Wanderer Tritte,
Und beiseit legt jener das Sakrament;
von den Füßen zieht er die Schuhe behend,
Damit er das Bächlein durchschritte.
„was schaffst du?" redet der Graf ihn an,
Der ihn verwundert betrachtet.
„Herr, ich walle zu einem sterbenden Mann,
Der nach der Himmelskost schmachtet.
Und da ich mich nahe des Baches Steg,
Da hat ihn der strömende Gießbach hinweg
Im Strudel der Wellen gerissen;
Drum, daß dem Lechzenden werde sein Heil,
So will ich das wäfferlein jetzt in Eil
Durchwaten mit nackenden Füßen."
Lesebuch für oberfränk. Volksschulen. H
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