38
II
auf jedem Dampfschiff hört man ein Sprachgemisch. An vielen Stellen hat man
den Rhein durch Dämme eingeengt, um tieferes Fahrwasser zu erhalten. Bei Hoch-
ivasser und Eisgang spottet er dieser Fesseln und macht sich wieder zum Herrn des
ganzen Thales. Nirgends erscheint alte und neue Zeit so nahe zusammengeriickt
wie am Rhein. Unten brausen auf geraden Dämmen neben Telegraphendrähten
die Bahnziige durchs Thal. Die weißschimmernden Städte mit fleißiger, froher Be¬
völkerung recken sich und wachsen aus den alten Thoren und Mauern in immer
neuen Straßenzeilen. Die rundlichen Hiigel und steilen Hänge des Ufers sind mit
Roben bepflanzt, und das fröhliche Volk der Winzer schafft in den Weinbergen.
Die Gipfel sind von Burgen gekrönt, die entweder immer mehr verwittern oder in
jüngster Zeit erneuert worden sind. Glockengeläut schallt weihevoll überall durch
da? Rheinthal.
Im Regierungsbezirk Düsseldorf liegt das Wupperthal, das ehemals ber-
gische Land.' Die-Wupper breitet mit ihren Zuflüssen ein Netz über die Gegend,
von dein jede Masche eine Fabrikanlage hat. Das Thal hat ziemlich steile Wände.
Im weitesten Ä)alkcssel liegt die Schwesterstadt Elberfeld und Barmen. Auf
allen Hängen und in allen Senkungen sind Häusergruppen mit fleißigen Menschen.
Hier ist die dichteste Bevölkerung des preußischen Staates, Überall rauscht, rollt,
rasselt, schleift, schnurrt, hämmert, ächzt und wimmelt es von Maschinen, Wagen,
Karren und Menschen. Bänder aller Art, Leinen-, Baumwollen- und Wollen¬
stoffe jeder Form, Schneidewerkzeuge von den fleinften bis zu den größten entstehen
in diesem A)ale durch die Hände der Weber und Schmiede. Ain Tage blitzt das
bleichende und trocknende Garn durch das Grün, abends aber erglänzen überall
Lichter, und es sieht aus, als ob der Sternhimmel auf die Erde gesunken sei.
7. Die Provinz zerfällt in die Regierungsbezirke: Koblenz, Köln,
Düsseldorf, Aachen und Trier.
Wie liegen sie zu einander? Wo liegen: das starke und schöne Koblenz (30)
mit seiner Felsenfestung Ehrenbreitstein, das alte und lebhafte Köln (144),
Mittelpunkt des rheinischen Handels, mit seinem herrlichen Dome und dem berühmten
Kölnischen Wasser, die schöne Universitätsstadt Bonn (31) mit dem Blick auf das
prächtige Siebengebirge, das gewerbthätige und kunstsinnige Düsseldorf (94), die
regsame Doppelstadt Elberfeld-Barmen(97u.96), Solingen (16) mitStahl-
warenfabrikation, Essen (56) mit den berühmten Krupp'schen Kanonengießereien,
Krefeld (73) mit Sammetfabrikation, die ehrwürdige Kaiserstadt Aachen (85), das
uralte Trier (24) und das kohlenreiche Saarbrücken? — Handriß der Provinz!
Zum Königreich Preußen gehören noch die Hohenzollern'schen Lande
fl 142 qkm., 67 000 Einw.) an der Donau und dem schwäbischen Jura
mit den Städten Hechingen und Sigmaringen und der Stammburg
des preußischen Herrscherhauses. —
19. Das Königreich Sayern.
(Flächeninhalt: 75 863 qkm. — Bevölkerung: 5 271 000 Einw.)
1—3. Bayern ist der größte süddeutsche Staat. Es liegt zwischen der
oben genannten deutschen Gebirgsschwelle und den Alpen, im Gebiete von
Main und Donau, und ist nach Fläche und Volkszahl etwa Vs so groß als
Preußen, zu % katholisch und ‘/4 evangelisch. Westlich vom Rhein liegt
die bayerische Pfalz, die durch Baden und Heffen von der Hauptmasse
abgetrennt ist. (An welche Staaten grenzt es?)
4. Den Südfuß bilden die bayerischen Alpen. Daran lehnt sich nördlich
die bayerische Hochebene. Von der Donau bis ans Fichtelgebirge zieht
sich nach R.-O. der fränkische Jura, nach R.-W. der Böhmerwald.