2. Octavian war Cäsars Großneffe und Erbe. Er verband sich mit An¬
tonius und Lcpidus zu dein zweiten Triumvirate. Durch Tötung und Beraubung
der reichen Republikaner verschafften sie sich Geld und schwächten ihre Feinde.
Das edelste Opfer war der Redner Cicero, dem man früher den Ehrennamen
„Vater des Vaterlandes" gegeben hatte. Das letzte republikanische Heer wurde
bei Philipp! in Makedonien besiegt, und Brutus wie Cassins töteten sich selber.
Während nun Octavian in Rom durch weise Maßregeln alle Herzen gewann,
trieb Antonius im Orient mit der Königin Kleopatra von Ägypten die größten
Tollheiten. Da wurde er für einen Feind des Vaterlandes erklärt und an dem
griechischen Vorgebirge Actinm 31 v. Chr. von Octavian besiegt. Er floh nach
Ägypten und tötete sich selbst. Auch Kleopatra machte ihrem Leben durch Gift ein
Ende, als sie den Octavian nicht für sich gewinnen konnte. Ägypten wurde eine
römische Provinz, und Octavian war Herr der Welt. Seine Würde bezeichnete
der Name Cäsar oder Kaiser, sein Ehrenname war Augustus, d. h. der Erhabene.
Er ließ die Republik zum Schein fortbestehen und sich vom Senat alle höheren
Ämter jährlich verleihen, aber sein Wille allein lenkte das ungeheure Reich, das
fast die ganze damals bekannte Welt umfaßte. Es hatte wohl 120 Millionen
Einwohner, 6000 große Städte, eine mächtige Flotte und große Heere. Rom ver¬
wandelte Augustus aus einer Backsteinstadt in eine Marinorstadt. Aber neben
unsinnigem Luxus seufzte das Elend, und immer mehr wuchs die Sittenverderbnis,
so daß ein Dichter ausrief: „Es ist schwer, kein Spottgedicht zu schreiben!" Weil
Augustus die Künste und Wissenschaften beförderte, so nennt man seine Zeit das
goldene Zeitalter der Litteratur und ihn den Vater des Vaterlandes.
Vielen Kummer erlebte Augustus in seinem Hause durch seine ränkevolle Gattin
Livia, welche durch Gift und Dolch alle aus dem Wege räumte, die ihren Söhnen
Drnsus und Tiberius im Wege standen. Letzteren bestimmte endlich Augustus
zu seinem Nachfolger. Unter Augustus wurde der Heiland Jesus Christus ge¬
boren, nach dessen Reich der Wahrheit und Liebe sich die Völker sehnten. Im
Teutoburger Walde schüttelten die Deutschen das römische Joch ab. Christentum
und Deutschtum haben nach Augustus die Welt gestaltet. Dieser starb im Jahre
14 n. Chr. und wurde nach seinem Tode göttlich verehrt.