Full text: Lesebuch in Lebensbildern für mittlere Schulklassen (2)

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Heinrich Heine. 
1797 - 1856. 
tX einrtd) Heine ward als Sohn eines jüdischen Händlers in Düsseldorf geboren. 
Er sollte eigentlich Kaufmann werden; doch zeigte es sich bald, daß er sich 
dazu nicht eignete. Sein reicher Oheim, der Großkaufmann Salomon Heine in 
Hamburg, der unermüdliche Wohltäter der Familie, richtete ihm in Hamburg ein 
Geschäft ein. Als es bald darauf wieder eingehen mußte, schenkte er dem Neffen 
die Mittel, Rechtswissenschaft zu studieren. Als Student in Berlin ließ er seine 
ersten Gedichte drucken, unter ihnen „Die Grenadiere" und „Belsazer". - Später 
trat er zum Christentum über. Seine vielen Reisen boten ihm Stoff zu Prosa¬ 
schilderungen und regten ihn zu Dichtungen an. 
Heines Name wurde zwar in Deutschland bekannt; doch gelang es ihm nicht, 
in seinem Daterlande eine passende Stellung zu erlangen, so daß er sich (1831) 
bewogen sah, nach Paris zu gehen. Hier lebte er von einem Iahrgehalt, das ihm 
das französische Ministerium bewilligt hatte, und einer ebenso hohen Unterstützung, 
die ihm sein Oheim gewährte. Er verheiratete sich mit einer ungebildeten Französin; 
seine Zeit füllte er mit der Abfassung von Zeitungsartikeln, Büchern und Ge¬ 
dichten aus. Manches herbe, höhnende Wort hat er über sein deutsches Vaterland 
drucken lassen. Während der letzten acht Jahre seines Lebens fesselte ihn ein 
schweres Rückenmarksleiden an das Bett, doch blieb sein Geist klar und frisch. 
1856 erlöste ihn der Tod; auf dem Friedhof des Montmartre hat er seine Ruhe¬ 
stätte gefunden. 
Als Prosaschriftsteller wurde Heine vor allem bekannt durch seine „Harzreise", 
als Liederdichter durch die Sammlung „Buch der Lieder". Dieses faßt alle bis 
1826 von ihm gedichteten Lieder zusammen und enthält bekannte Dichtungen wie 
„Du bist wie eine Blume", „Ein Fichtenbaum steht einsam", „Die Wallfahrt nach 
Kevlaar", das vielgesungene Lied von der Lorelei, „Leise zieht durch mein Gemüt", 
„Entflieh mit mir und sei mein Weib". 
1. Belsazer. 
Die Mitternacht zog näher schon; 
in stummer Ruh' lag Babylon. 
Nur oben in des Königs Schloß, 
da flackert's, da lärmt des Königs Troß. 
Dort oben in dem Königssaal 
Belsazer hielt sein Königsmahl. 
Die Knechte saßen in schimmernden Reih'n 
und leerten die Becher mit funkelndem Wein. 
Es klirrten die Becher, es jauchzten die Knecht': 
so klang es dem störrigen Könige recht. 
Des Königs Wangen leuchten Glut; 
im Wein erwuchs ihm kecker Mut. 
And blindlings reißt der Mut ihn fort, 
und er lästert die Gottheit mit sündigem Wort. 
And er brüstet sich frech und lästert wild; 
die Knechtenschar ihm Beifall brüllt.
	        
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