Full text: Was uns das Gängeviertel erzählt

Langergang 
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Zensier, Sahltreppe, Buöentür, Zensier, Hoseingang. - Vas Häuschen, 
dessen Schönheit sich nicht beschreiben lägt, da man sie nur durch Betrachten 
findet, ist künstlerisch mindestens so wertvoll, wie das beste Landhaus 
in Zlottbeck u. a.,' ich werde mich garnicht wundern, wenn es einmal ein 
Künstler für ein Bild verwendet, das eine Szene aus einer Uleinstadt, 
Zrieden und Behaglichkeit atmend, darstellen soll. Es ist dazu wie ge¬ 
schaffen, und seine Erbauer und ersten Bewohner haben es sich gewiß nicht 
träumen lassen, daß es noch einmal unbekannt verkommen sollte. Denn 
anders kann man sein Schicksal nicht bezeichnen. Es ergeht ihm, wie allen 
schönen, einfachen Häusern im Gängevierte!: sie gehen langsam am Mangel 
liebevoller pflege zu Grunde. 
Immer seltener wird es, daß einmal ein Bewohner von Bude oder 
Sah! selber den Pinsel an sein Häuschen setzt. Im Innern tut man's ja 
noch, aber am Büßern fast nie. hier im Hof No. 55 hat es zu meiner 
Zreude wieder mal einer versucht. Die Mauersteine hat er rot, die Zugen 
weiß gestrichen. Das ist recht so. Leider hat er auch das holzwerk rot 
gestrichen. Dem Holze kommt ein silbergrauer oder blauer, wohl auch 
grüner oder schwarzer Ton zu. Dann kommen reizende Wirkungen zu¬ 
stande, wie an vielen althamburgischen Häusern in andern Straßen zu 
erkennen ist. 
Stellen wir uns überhaupt einmal das ganze Gängeviertel in frischer, 
munterer Zarbe vor, nicht so in dem gleichmäßigen Zteingrau, das jetzt 
beliebt ist. So streicht man die Häuser hier nur an, weil man Häuser mit 
verputzten Zassaden für feiner als Zachwerkbauten hält. Sehr zu unrecht: 
in künstlerischer Hinsicht sind diese noch immer unübertroffen und vom 
Zement am wenigsten erreicht. Gucken wir den langen Gang entlang und 
denken uns alles in Zarbe: Unten am Hause ein langer Teerstreifen, da¬ 
mit der vom Regen angespritzte Schmutz wieder abgewaschen werden kann. 
Dann die Ziegel rot, die Zugen dazwischen weiß, was das für ein leuch¬ 
tendes Uetz abgeben würde! Das holz der Zensier weiß, oder grün und 
weiß, oder auch blau und weiß. Die Tür rot oder blau oder mit weißem 
Sprossenwerk und weißen Rauten im Oberlicht, wie das leuchten und 
lachen würde, die ganze Gegend hindurch! Darüber das braunrote Dach 
mit den Erkern, deren Zensier auch wieder mit leuchtendweißen Sprossen 
den Blick erfreuen. Ganz oben ein lustig bunt schillerndes Giebelabzeichen, 
ein goldener Stern vielleicht auf einem weißen oder blauen Knauf. §0 
ist es früher auch gewesen. Würden sonst die Ulten so viele Ziegelmuster 
hineingesetzt haben? wie reizend müssen die Zugennetze an solchem Hause 
ausgesehen haben! heute werden sie überschmiert, die Balken verschmutzen, 
vom Zensterholz blättert selbst die trübe braune Zarbe herunter, wenn 
wir den Langengang bis zur wexstraße hinabgehen, über diese noch hin¬ 
weg, so kommen wir an das Haus No. 7. wir bleiben stehen und zählen 
seine Ziegelmuster (Bbbildung 14). Im Bltonaer Museum oder noch besser 
im Rirschenland selber können wir die bunte, überaus farbenfreudige Schau¬ 
seite eines Bltländer Bauernhauses besehen. Unser Gängeviertel gleicht 
ihr bis aufs haar! Bber wer denkt heute daran, daß unsere altham-
	        
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