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98. Rätsel. Von Leo Ziegler.
Neue Rätsel für groß und klein. Heidelberg 1902. 8. 6.
W
^ann die Sommerblnmen blühn,
kleid' ich mich in dunkles Grün.
wann der gerbst den Wald entlaubt,
wird mein grünes Aleid geraubt;
harte Hülle, fast wie Stein,
schließt mich panzerartig ein.
Aber wann's zur Weihnachtszeit
dichte, weiße Flocken schneit,
dann bekleidet reich und hold
mich ein Hckunkgewand von Gold.
99. Die Duß. Von Christoph von Scbmid.
Gesammelte Schriften. Originalausgabe letzter Hand. 16. Bändchen. 2. Auflage.
Augsburg 1861. 8. 25.
Unter dem großen Nnßbaum nächst dem Dorfe fanden zwei Knaben
eine Nuß. „Sie gehört mir," rief Ignaz, „denn ich habe sie zuerst
gesehen." „Nein, sie gehört mir!" schrie Bernhard, „denn ich habe sie
zuerst aufgehoben." Beide gerieten in einen heftigen Streit.
„Ich will den Streit ausmachen," sagte ein größerer Junge, der
eben dazu kam. Er stellte sich in die Mitte der beiden Knaben, machte
die Nuß auf und sprach: „Die eine Schale gehört dem, der die Nuß
zuerst sah; die andere Schale gehört dem, der sie zuerst aufhob; den Kern
aber behalte ich — für den Urteilspruch."
100. Das bÖ86 Gewissen. Von Franz von Pocci.
Mütterchen, erzähl' uns was! Herausg. von Georg Paysen Petersen. II. Band.
2. Ausl. Hamburg 1902. S. 20.
In einem Gartenhause Ingen zw6i Säcke voll Nüsse. „Das ist
nichts Schlechtes,“ dachte sich Peter, und mit dem Gedanken
kam auch die Versuchung, sie zu stehlen. Es war aber heller Tag,
und da ist’s nicht gut mausen; darum erwartete er die Nacht, die
allen schlechten Streichen günstig ist, stieg zum Fenster ein und
packte einen Sack auf. So schlich er sich an der Gartenmauer hin.
Plötzlich aber sah er einen neben sich den zweiten Sack tragen.
Es war eine schwarze, luftige Gestalt.
„Das ist ein Gespenst,“ — dachte Peter und lief, was er
konnte; der andere mit. Ein böses Gewissen macht schnelle