Full text: [Teil 2 = Kl. 7] (Teil 2 = Kl. 7)

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mit dem Stabe, und sogleich stand die Freundin vor ihr. Voller 
Freude zauberte sie noch elf von ihren besten Bekannten herbei, 
und nun war sie fröhlich. Aber da die Freundinnen doch eigentlich 
nur Rüben waren, wurden sie bald welk und starben. Da war die 
Prinzeß wieder betrübt. 
Obgleich der Berggeist immer neue Rüben herbeischaffte, die 
sie in ihre Freundinnen verwandelte, blieb sie doch traurig und 
bat ihn beständig, sie zu ihren Eltern zurückzubringen. Das tat er 
aber nicht, sondern verlangte unaufhörlich, sie möchte seine 
Gemahlin werden. Da ersann sie eine List. Sie zauberte ein 
Vöglein herbei. Das schickte sie mit einem Briefe an ihren 
Bräutigam, der ein reicher Fürstensohn war. Der sollte sie nach 
drei Tagen an einem bestimmten Orte erwarten. Dann stellte sie 
sich freundlich zu dem Berggeiste und sagte: „Ich will deine 
Gemahlin werden; aber erst mußt du die Rüben, die du neulich 
auf dem großen Felde für mich gesät hast, genau und richtig 
zählen.“ Dazu, meinte sie, würde der Zauberer lange Zeit 
gebrauchen. So war es auch. Er verzählte sich oft und mußte 
immer wieder von vorn anfangen. Endlich hatte er richtig heraus, 
wieviel Rüben auf dem Felde standen. 
Er eilte nach dem Schlosse; aber — die Prinzessin war fort 
über alle Berge. Sie hatte sich aus einer Rübe ein schneeweißes 
Roß gezaubert und war entflohen. Der Zauberer schaute in seinen 
Zauberspiegel und erblickte die Prinzessin, von einem Ritter begleitet, 
in weiter Ferne. Schnell zog er seine Siebenmeilenstiefel an und 
eilte ihr nach. Aber die Flüchtlinge waren schon über die Grenze 
des Gebirges; dahin reichte die Macht des Berggeistes nicht. 
Ärgerlich und beschämt ging er zurück in sein Schloß; dort fand 
er einen Zettel, auf dem geschrieben stand: „Melde mir bald 
der Rüben Zahl!“ Seit jener Zeit ist „Rübezahl“ zum Namen des 
Berggeistes geworden. 
158. Me Rübezahl das Vertrauen belohnt. 
Von F)crmann Kletke 
Das Buch vom Rübezahl. Breslau 1852. 8. 43. 
«inst reiften zwei arme Gesellen über das Riesengebirge. Als nun 
die beiden in trübseligen Gedanken über ihre Not so dahinwanderten, 
sahen sie eine prächtige Kntsche herankommen. Sie dachten, daß wohl 
ein vornehmer Herr darin sitze, der für ihre Armut eine kleine Gabe 
übrig habe, eilten hinzu und baten demütig um einen Reisepsennig.
	        
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