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Kommissionen zur Unterdrückung der „demagogischen Umtriebe", wie
man die Freiheitsbestrebungen nannte, einsetzten, waren geeignet,
der gedeihlichen Entwicklung des Staates hemmend entgegenzutreten.
Was in Handel und Wandel, Kunst und Wissenschaft, Heer und
Unterricht geschaffen wurde, war nur den einzelnen Staaten zu
danken; für das innere Aufblühen und für die festere Einigung
Deutschlands hat der Bund fast nichts getan. Es entstand überall
Unzufriedenheit mit dem Metternichschen System. Wohl wurden
einige deutsche Staaten löblich regiert, wie Sachsen-Weimar unter
dem Freund Goethes, Karl August (1775—1828), Württemberg
unter Wilhelm I. (1816—1864), Bayern unter dem kunstsinnigen
Ludwig I. (1825—1848), welchem dies Land eine Reihe großartiger
Schöpfungen der Baukunst verdankt. In Preußen regierte Friedrich
Wilhelm III. mit Weisheit und schloß durch Gründung des Zoll¬
vereins (1833) die meisten deutschen Staaten noch enger zusammen.
Aber es gab auch Fürsten, die durch ihre unrühmliche Regierung
und teils auch durch unwürdiges Verhalten allgemeines Ärgernis
erregten. Auch von Österreich, dem führenden Staate, konnte bei
dem unheilvollen Metternichfchen Einflüsse keine Anregung Zur
freien Entwicklung nationalen Lebens kommmen. Es machten sich
daher, namentlich seit der französischen Jnlirevolution (1830), im
Volke immer mehr die Bestrebungen geltend, eine ständische Ver¬
fassung zu erhalten. Immer lauter ertönten nach dem Ausbruche
der französischen Februarrevolution (1848) in dem gärenden Deutsch¬
land die Ruse nach konstitutioneller Gestaltung der Staaten. In
vielen deutschen Staaten entstanden Volksbewegungen, die sogenannten
Märzunruhen, welche demokratische Staatsverfassuugen forderten.
Bei einem solchen Dolksanfstande in Wien wurde auch Metternich
gestürzt und vertrieben. Die Unruhen in Berlin zwangen Friedrich
Wilhelm IV., den Wünschen des Volkes nachzugeben. Manche
Fürsten legten die Regierung nieder, wie z. B. der Großherzog
von Hessen und Ludwig I. von Bayern.
DieDeutsche Nationalversammlung. — Da trat zu Frankfurt
a. M. eine aus den Wahlen des deutschen Volkes heiworgegangene
DeutscheNationalversammlnng zusammen, die unter ihrem Präsidenten
Heinrich von Gagern eine neue Reichsverfassung beraten sollte.
Diese Versammlung, an welcher auch bedeutende Männer der
Literatur und Wissenschaft, wie Arndt, Uhland u. a., teilnahmen,
wählte nach Auflösung des Bundestages den Erzherzog Johann
von Österreich, einen echt volkstümlichen Mann, zum Reichsverweser.
Dieser sollte bis zur endlichen Begründung einer Reichsgewalt alle
gemeinsamen Angelegenheiten des deutschen Volkes verwalten«