Full text: [Teil 1 = Kl. 8] (Teil 1 = Kl. 8)

217 
245. Die Erde und die Sonne. 
Nach dem Augenschein und nach dem allgemeinen Glauben 
wäre die Erde mit allen ihren Bergen und Thälern eine große 
runde Fläche, gleich einer ungeheuer großen Scheibe. Am Rande 
derselben weiter hinaus kommt nichts mehr, dort ist gleichsam der 
Himmel an sie angefügt, der wie eine große hohle Halbkugel über 
ihr steht und sie bedeckt. Dort geht am Tag die Sonne auf und 
unter, bald früher, bald später, bald links an einem gewissen be— 
kannten Berg oder Haus, bald rechts, und bringt Tag und Nacht, 
Sommer und Winter, und bei Nacht den Mond und die Sterne, 10. 
p sie scheinen nicht gar entsetzlich hoch über unsern Häuptern zu 
ehen. 
Das wäre nun alles gut, wenn's niemand besser wüßte: aber 
wir Sternseher und Kalendermacher wissen's besser. Denn erstlich, 
wenn einer daheim weggeht, und will reisen bis ans Ende der 15. 
Erde, an den Rand, wo man einen aufgehenden Stern mit der 
Hand weghaschen und in die Tasche stecken kann, und er geht am 
Isten April vom Hause aus, so hat er den rechten Tag gewählt. 
Denn er kann reisen, wenn er will, durch Deutschland, durch Po— 
len, durch Rußland, nach Asien hinein durch die Muhamedaner 20. 
und Heiden, vom Land auf's Wasser, und vom Wasser wieder auf's 
Land, und immer weiter. Aber endlich, wenn er ein Pfeiflein 
Tabak einfüllt und will daran denken, wie lange er schon von den 
Seinigen weg ist, und wie weit er noch zu reisen hat an's Ende 
der Erde und wieder zurück, auf einmal wird's ihm heimlich in 26. 
seinem Gemüth, es wird nach und nach alles, wie es daheim war, 
er hört seine Landessprache wieder sprechen, zuletzt erblickt er von 
weitem einen Kirchthurm, den er auch schon gesehen hat, und wenn 
er auf ihn hingeht, kommt er in ein wohlbekanntes Dorf, und hat 
nur noch zwei Stunden oder drei, so ist er wieder daheim, und 30. 
hat das Ende der Erde nie gesehen. Nämlich er reist um die Erde, 
wie man einen Strich mit Kreide um eine Kugel herum zieht, und 
kommt zuletzt wieder auf den alten Fleck, von dem er ausgieng. 
Es sind schon mehr als 20 solcher Reisen um die Erde nach 
verschiedenen Richtungen gemacht worden. In zwei bis vier Jahren, 35. 
je nächdem, ist alles geschehen. Ist nicht der englische Seecapitän 
Cook in Einem Leben zweimal um die ganze Erde herumgereist, 
und von der andern Seite her wieder heimgekommen? aber das 
drittemal haben ihn die Wilden auf der Insel Owai todt geschlagen, 
und gegessen. 
Daͤraus und aus mehreren sichern Anzeigen erkennen die Ge— 
lehrten folgendes: die Erde ist nicht bloß eine ausgebreitete, rund 
abgeschnittene Fläche, nein sie ist eine ungeheure große Kugel. Wei⸗ 
ters: sie hängt und schwebt frei und ohne Unterstützung, wie ihres 
Orts die Sonne und der Mond, in dem unermeßlichen Raum des 45. 
Weltalls unten und oben zwischen lauter himmlischen Sternen. 
Weiters: sie ist rings um und um, wo sie Land hat, und wo die 
Hitze und der bittere Frost es erlaubt, mit Pflanzen ohne Zahl besetzt, 
5.
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.