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Jäger an einem Pfeiler der Brücke aufhängen lassen. Seit jener Zeit 
habe man allnächtlich um die Geisterstunde ein langes Seufzen von 
der Brücke her vernommen, und über dem Wasser zwischen Brücke und 
Schloß habe man gespensterhaft einen weißen Schleier schweben sehen. 
Endlich, nach langen hundert Jahren, hätten die beiden Liebenden 
ihre Ruhe gefunden; man habe kein Stöhnen mehr gehört, und auch 
der Name Seufzerbrücke sei nur noch selten über eines Sterblichen 
Lippen gekommen. 
2. Die Befreiung vom wilden Jäger. 
Es war in dem dichten Walde bei Königs-Wusterhausen, da hatten 
Bauern aus der Umgebung, als gerade die volle Mondscheibe zur 
Mitternachtszeit am Himmel stand, Holz geholt für die Wirtschaft 
daheim. Als sie gerade dabei waren, mit ihrer Ladung abzufahren, 
kam plötzlich aus des Waldes Dickicht eine Jagdgesellschaft heran— 
gesprengt, welche einen weißen Hasen verfolgte. Der kam gerade auf 
die Pferde der Bauern losgerannt, sah auch gar nicht aus wie ein 
gemeiner Hase, sondern war viel größer, und, je näher er kam. desto 
schlimmer anzusehen, daß die Bauern glaubten, er würde die Pferde 
scheu machen. Da faßte sich ein Bauer ein Herz, fing den Hasen mit 
den Händen und gab ihn den Hunden, die ihn bald in Stücke rissen. 
Mit einem Mal aber war der ganze Spuk verschwunden, Hase und 
Hunde, Pferde und Reiter, und nur aus der Ferne hörte man das 
Jagdhorn wehklagende Töne ausstoßen. Ein schmucker Junker aber 
stand vor den Bauern, gab diesen die Hand und sagte voll Dankbar— 
keit: „Ihr wackeren Leute habt mich errettet aus dreihundertfähriger 
Gefangenschaft. So lange mußte ich dem Hasen nachjagen, jetzt, da 
er tot ist, bin ich von dem wilden Jäger befreit.“ 
3. Das steinerne Medusenhaupt in Klein-⸗Machnow. 
Es war einer aus dem Geschlecht derer von Hake, der auf seiner 
Burg zu Klein-Machnow residierte und ein gar trotziger Herr war. 
Einmal sind alle Bewohner seiner Lande gegen ihn aufgestanden und 
haben, von Hunger geauält, seine Kornmagazine plündern wollen. 
Ehe er das zuließ, hat er lieber den Feuerbrand in die Getreidekammern 
schleudern lassen, daß alles verzehrt wurde von des Feuers Gewalt 
und die armen Leute Hungers starben. Aber noch in derselben Nacht 
ist der Schandtat die Vergeltung geworden. Da sind an die Lager— 
statt des grimmen Herrn v. Hake giftige Schlangen gekommen, die der 
ersticeende Rauch aus ihren dumpfen Höhlen herausgetrieben hatte. 
Die haben den Missetäter zu Tode gepeinigt, so daß er noch in derselben 
Nacht seinen Geist aufgab. Am andern Morgen war nur noch ein 
Skelett übrig von des Ritters einstiger Herrlichkeit; denn die Schlangen 
hatten ihm das Blut geraubt und das Fleisch zernagt. Vertrieben 
wurden die bösen Geister der Vergeltung, als die gut geartete Ge— 
mahlin des Sünders den Armen Speise und Trank in großen Mengen 
reichte. Zur Erinnerung an jenes Unheil in der Familie des Burg—
	        
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