endet er einsam. Wie ganz anders erscheint neben ihm der Hirt! Sein
Geschäft ist nicht mehr der Mord, er nährt, zähmt, erzieht das Tier;
schon werden die edleren Kräfte des Gemütes wach; nach oben zn den
ewigen Gestirnen richtet sich sein ahnendes Ange, und in der Weite der
Ebene oder im Thal des Gebirges erhebt er die Stimme zum Wechsel¬
gesang. Aber noch folgt er mit dem beweglichen Zelt der weidesuchenden
Herde von Steppe zn Steppe, auch er ist noch fremd und ohne Heimat
auf der Erde, und in langen Fehden vertilgt oft ein Geschlecht das
andere. Erst wenn er den Jagdspeer und den Hirtenstab weggeworfen,
wenn der Pflanzensegen der Erde seine irren Schritte hemmt und ihn die
Kunst lehrt, säend und erntend mit unblutiger Hand sein Brot zu bauen,
wenn er ans die großen Ordnungen der Natur ein stätiges Dasein gründet,
dann erst, im Ackerbauer ist der Mensch zum Menschen geworden. Um
die feste Wohnstatt breiten sich umfriedete Marken, gesellt sich mannig¬
faltiger Schmuck des Bodens; Hütte tritt neben Hütte, auf beschirmtem
Altar brennt das Opfer, und bald erwachsen aus dauernder Gemeinschaft
die Tugenden und Kräfte der Völker. Nur der ackerbauende Mensch ist
zum Herrn der Erde berufen, vor ihm verschwanden und werden noch
verschwinden alle die anderen wilderen Geschlechter. Auf seinem Geschäft,
als auf einer unzerstörbaren Grundlage ruht alles, was die Menschheit
errungen hat in Sitte uitb Bildung.
Was dem Ackerbau diese geistbildende, sittigende Kraft gegeben, war
ohne Zweifel die Abhängigkeit des Menschenwerkes von der über ihm
waltenden Gottheit und die Notwendigkeit unausgesetzter, angestrengter
Arbeit. Es ist wahr: Aus jenen Inseln der Südsee, auf welche die Sonne
mit immer gleicher Liebe blickt, führt der Mensch ein müheloseres Dasein.
Der Tahitier, wenn er um seine Hütte eine Reihe von Brotbänmen ge¬
pflanzt, hat damit genug gethan für ein ganzes Leben; darf alles weitere
der Natur überlassen und hinterläßt doch in jenen Bäumen noch ein
reiches Erbe. Aber dieses Jnselvolk ist eben auch nur ein „Volk von
Kindern" und wird es bleiben, so lange nicht Mühe und Arbeit die
schlummernden Kräfte stachelt. Mit Recht ist deshalb von jeher das
Ackergeschüst als ein ehrwürdiges, heiliges gepriesen worden. Fromme
Gebräuche begleiteten durch lange Jahrhunderte, ja bis auf bot heutigen
Tag das Leben des Landmanns, Frucht wie Acker sind geweiht und un¬
verletzlich. Gott selber hat die Hand darüber. Wer Getreide vom Felde
stiehlt, der erbricht nach allskandinavischem, noc£) immer gangem Ausdruck
den Schrein Gottes; wer die Grenze frevelnd verrückte, dessen friedlose
Seele geht als Irrlicht in Moor und Sümpfen um.