Full text: Haus und Vaterland I (Bd. 4)

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die Trakehner, die sich schon als kleine Buben in den Ställen 
und zwischen den Herden herumtummeln, ganz besonders. Solcher 
Bursch kennt jedes einzelne Stück seiner Herde aufs genauste. 
Er nennt mit Stolz dessen Abstammung, redet wie ein Buch über 
seine Eigenschaften, spricht mit ihm wie mit einem guten Ka¬ 
meraden und sieht es schließlich, glaube ich, nur mit tränenden 
Augen aus der Herde scheiden. 
Besonders schön sind die herrlichen Füchse. Ich sah sie, 
als sie zur Tränke getrieben wurden, und konnte mich nicht satt 
schauen an den kräftigen Tieren, auf deren glänzendem Haare die 
Sonne sich förmlich spiegelte. Jedes einzelne Stück seinen das 
andere an Leichtigkeit und Frische der Bewegungen zu überbieten. 
Wie überall auf dem Gestüt, weiden die Mutterstuten den ganzen 
Sommer hindurch auf den ausgedehnten Weideplätzen, werden 
aber zur Fütterung und zur Nacht zur Tränke eingetrieben. Dabei 
spielt sich jedesmal ein höchst ergötzlicher Vorgang ab. Das Ein¬ 
treiben kann bei den großen Herden nicht auf einmal erfolgen, 
sondern nur in kleineren Gruppen. Der Hirt ruft, wenn die Stunde 
gekommen, die Tiere einzeln nach ihren Namen auf, die Fohlen 
noch nach dem Namen der Mutter. Er holt sie sich, sobald sie 
nicht sogleich willig folgen, mit seiner langen Peitsche, die er 
mit unfehlbarer Sicherheit handhabt, mitten aus der Herde heraus. 
Häufig entsteht dann ein recht niedlicher Wirrwarr, ein buntes 
Durcheinander, ein angstvolles Suchen der Stuten, die ihre Fohlen 
verloren haben, und ein noch angstvolleres der lieben Kleinen 
nach den Müttern. Erst nach einer geraumen Weile entwirrt sich 
der Knäuel, und die Hirten ziehen mit ihren Gruppen ruhig heim¬ 
wärts. Nicht immer freilich geht es ganz glatt ab. Kurz ehe ich 
nach Trakebnen kam, war z. B. eine ganze Herde durch einen 
plötzlichen von Hagel begleiteten Gewittersturm derart außer Rand 
und Band geraten, daß sie sich zum Schaudern ihrer Hirten in 
wilder Jagd auf den Weg gemacht hatte und querfeldein einige 
Meilen über Land gerast war. Erst nach stundenlanger Mühe 
gelang es, sie auf völlig fremdem Gebiet wieder aufzufinden und 
heimzuführen. 
Der kaiserliche Marstall wählt sich jährlich etwa 30 Reit- 
und Wagenpferde aus. Die meisten der prächtigen Tiere, die vor 
den Galawagen des Berliner Hofes gehen, stammen ja aus Tra- 
kehnen, und ich sah gerade bei meinem letzten Besuch in dem 
Gestüt auch einen wundervollen Rappen, der als Leibpferd für den
	        
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