Full text: Von Heinrich IV. bis Rudolf von Habsburg (Teil 3)

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durch siegreiche Schlachten. Rudolf hatte das friedliche und arbeitende 
Volk gegen innere Feinde (Raubritter und Friedensbrecher aller Art) 
zu schützen, damit es in Frieden arbeiten und schaffen könne; und seine 
Aufgabe gelang ihm für den Augenblick durch Bestrafung der Übelthäter, 
für die Dauer aber durch Verbot der Selbsthilfe und Aufstellung von 
Gesetzen und Richtern. Auch Heinrich IV. und noch mehr Friedrich 
Barbarossa haben in ähnlicher Weise ihre Unterthanen gegen innere 
Feinde zu schützen versucht, während Karl der Große sein Reich auch 
noch gegen äußere Feinde (Sachsen) schützen mußte. Hieraus ergeben 
sich als die zwei wichtigsten Ausgaben eines Königs (und überhaupt des 
Herrschers in jedem Lande): Schutz des Volkes gegen äußere 
Feinde durch Bereitstellung einer Kriegsmacht, damit es überhaupt 
frei leben und schaffen kann; Schutz jedes Einzelnen gegen 
innere Feinde, d. H. gegen habgierige und böswillige Volks¬ 
genossen durch Aufstellung von Gesetzen und Richtern (Bestrafung der 
Übelthäter), damit jeder im Volk seines Lebens und Eigentums sicher 
sei und in Frieden arbeiten könne. Ohne einen Herrn (oder eine 
Obrigkeit), der diese beiden Aufgaben erfüllt, kann ein Volk gar nicht 
leben. Die zweite Ausgabe haben wir uns schon früher (z. B. bei Otto 
dem Großen) mit dem Dichterwort gemerkt: „Ein Oberhaupt muß 
sein ..." 
4. Vergleich Rudolfs mit den Hohen st aufen in 
Bezug auf Ziel und Erfolg ihrer Regierung. Resultat: Das 
Streben der Hohenstaufen nach der Kaiserkrone und nach der Herrschaft 
über Italien führte zur Vernichtung der Kaisermacht, zur Zertrümme¬ 
rung Deutschlands in etwa 300 Herrschaften, zum beständigen Bürger¬ 
krieg der völlig selbständig gewordenen Herren; die Beschränkung Rudolfs 
auf Deutschland führte zur Herstellung einer zwar immer noch dürftigen 
Königsgewalt, die aber doch genügte, Friede und Ordnung im Lande 
herzustellen und für die Wohlfahrt des Volkes zu sorgen. Durch diese 
Sorge für das allgemeine Wohl, die alle als wohlthätig und notwendig 
empfanden, wurde die verlorene Ehre und Macht der Krone wieder 
gewonnen. Lehre: Ein König ist nicht dazu da, um über fremde 
Völker zu herrschen, sondern um für fein Volk zu sorgen; das eine 
mindert und zerstört, das andere erhält und mehrt die Königsgewalt. 
5. Die Betrachtung über Erbreich und Wahlreich 
(vergl. Heinrich IV., vierte Einheit, III., 2) wird durch den neu hinzu¬ 
gekommenen Stoff (Hohenstaufen, Rudolf) erweitert, um das früher 
gewonnene Resultat zu stärken. Die Macht der Hohenstaufen beruhte 
zum guten Teil darauf, daß es fast jedesmal dem herrschenden Kaiser 
gelang, noch bei Lebzeiten die Wahl seines Sohnes zum Nachfolger 
durchzusetzen (Beispiele); das Reich verwandelte sich hiermit fast in ein 
Erbreich. Dadurch wuchs die Kaisermacht, und die Fürstenmacht 
ging zurück (Barbarossa). Aber nun benutzten die zurückgedrängten 
Fürsten (die welfifche Partei) ihr Wahlrecht, um den Hohenstaufen 
dreimal Gegenkönige entgegenzustellen, erzeugten dadurch furchtbare
	        
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