Full text: Haus und Vaterland I (Bd. 4)

□□□□□□□□□□□□□□□ 15 □□□□□□□□□□□□□□□ 
meiner Frau und hatte ohne alle Frage den Begriff vom Ort, den der 
dünkelhafte Mensch sich so gern allein vindizieren möchte; denn, wenn 
es abends nach dem Essen in sein Bettchen zurück wollte und meine 
Frau aufstand, um es mir abzunehmen und aus dem Speisezimmer 
ins Schlafgemach zurückzubringen, so blieb es ruhig in meiner Hand 
liegen, solange sie sich an meiner rechten Seite hielt, wurde aber höchst 
ungeduldig, sobald sie an die linke trat, da jene zum Fenster, diese 
aber zur Tür führte, woraus aufs bestimmteste hervorgeht, daß es den 
Weg genau kannte. Im Sommer, in seiner munteren Zeit, behielt ich 
es fast den ganzen Tag bei mir, und auf das allerdeutlichste gab es mir 
alle seine Wünsche zu erkennen; wollte es auf den Bücherschrank, so stieß 
es gewisse Töne aus, die ich verstand wie das menschliche Wort; wollte 
es herunter, so lief es hin und her; dann fragte ich von meinem Schreib¬ 
tisch herüber: „Soll ich kommen?" Und zur Antwort breitete es seine 
Händchen aus. Mit ausgebreiteten Händchen begrüßte es mich auch, 
wenn ich nach Hause kam; auch vertrat ich in seiner Jugend bei ihm 
den Baum, indem es immer um mich, wie um einen solchen, herum¬ 
lief. Dreimal war es mit in Gmunden; dort schlief es das erste Jahr 
in einem Käfig, der nachts vor meinem Bette stand, und aus dem es 
des Morgens, die kleinen Arme auf die Tür gestützt, wie ein Müller¬ 
knappe hervorschaute, später in einem Wandkorb, auf den es gleich 
wieder zustrebte, als wir zurückkehrten. Setzte ich es in einen Baum, 
so kletterte es hinauf, sah sich um, probierte eine Zwetsche, betrachtete 
die Vögel, die es verwundert umkreisten, und glitt dann in meine Hand 
zurück. Setzte ich es auf die Erde, so hüpfte es auf dem gebahnten, mit 
Sand bestreuten Wege mit unendlicher Eile ins Haus zurück. Wer will 
dieser Fülle anmutiger Bilder nachkommen! In dem Gedicht: „Das 
Geheimnis der Schönheit", welches das liebliche Tier hervorrief, sind 
sie aufgezählt; ich aber muß endigen, denn meine Augen füllen sich 
wieder mit Wasser.- 
\h Eine Finkenmutter. 
von Alara Hepner. 
Ich war eben auf Röklbrunn, dem Landsitze meiner Freundin, an¬ 
gekommen und packte im Gastzimmer meinen Koffer aus, während ich 
ab und zu einen Blick in den Park tat, der im Frühlingskleide 
prangte, und auf das vielstimmige Vogellied lauschte, das zu mir her¬ 
aufschallte. 
Da schwirrte etwas ans Fenster, und herein hüpfte ein kleines
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.