Full text: [Teil 1 = Kl. 8 u. 7] (Teil 1 = Kl. 8 u. 7)

92. Der Wald im Vorfrühling. «°>> Wilhelm von Pole»;. 
^^em Schneefall war bald Tauwetter gefolgt. Die Zeitung meldete 
vom Steigen der Flüsse und von Wasserfluten, die drunten in der 
Ebene viel Schaden angerichtet haben sollten. Hier oben merkte man 
davon nichts. Der Wald mit seinem moosigen Grunde sog das Schnee¬ 
wasser in sich ein und speicherte es vorsichtig auf, recht wie ein kluger 
Hansvater, der in Zeiten des Überflusses an magere Tage denkt, um 
später, wenn die Ebene in Sommerdürre lechzt, von seinem Vorrat ab¬ 
geben zu können. 
Noch lag an schattigen Stellen in Abgründen und Schluchten der 
Schnee; aber am Waldesrand nach Süden zu, wo die Sonne anprallte, 
befreite sich schon junges Leben. 
Die Anemonen gucken hervor. Ihre Pracht ist vergänglich wie 
Kindesschönheit, milchzart sind sie, im Blühen schon welkend. Man würde 
sie gänzlich übersehen, wenn ihrer nicht so viele beieinander stünden. Ihre 
Geschwister, die Himmelschlüssel, halten noch zurück. Die Grashalme 
dagegen beginnen sich zu recken, jeder für sich, als wäre er was Rechtes. 
Es ist ein Leben und Streben des kleinen Volkes. Die Bäume sind noch 
tot oder scheinen wenigstens so, sie wollen sich die Maskerade zu ihren 
Füßen eine Weile mit ansehen, ihre Zeit kommt später. Erhaben blicken 
die hohen Fichten drein, sie haben den Wechsel nun schon manch liebes 
^ahr gesehen, auf den Winter nruß Frühjahr folgen, sie wissen es ganz 
genau, wozu sich so beeilen! — Die Salweide ist allen voraus auf dem 
Plane mit honiggelben und silbergranen Kätzchen. Sie nimmt die Zeit 
5 
10 
15 
20
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.