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bösen Spruch nicht aufheben, sondern nur ihn mildern konnte, so sagte
sie: „Es sott aber kein Tod sein, sondern ein hundertjähriger Schlaf, in
den die Königstochter fällt."
2. Wie die Königstochter in einen hundertjährigen Schlaf fiel.
5 Der König, der sein liebes Kind vor dem Unglück gern bewahren
wollte, ließ den Befehl ausgehen, daß alle Spindeln im ganzen König¬
reich sollten verbrannt werden. An den: Mädchen aber wurden die Gaben
der weisen Frauen sämtlich
erfüllt,- denn es war so schön,
sittsam, freundlich und ver¬
ständig, daß es jedermann,
der es ansah, lieb haben
mußte. Es geschah, daß an
dem Tage, wo es gerade
fünfzehn Jahre alt ward,
der König und die Königin
nicht Zu Haus waren und
das Mädchen ganz allein im
Schlosse zurückblieb. Da ging
es allerorten herum, besah
Stuben und Kammern, wie
es Lust hatte, und kam end¬
lich auch an einen alten Turm.
Es stieg die enge Wendel¬
treppe hinauf und gelangte zu
einer kleinen Tür. In dem
Schlosse steckte ein verrosteter
Schlüssel, und als es umdrehte, sprang die Tür auf, und saß da in
einem kleinen Stübchen eine alte Frau mit einer Spindel und spann emsig
30 ihren Flachs. „Guten Tag, du altes Mütterchen," sprach die Königstochter,
„was machst du da?" „Ich spinne," sagte die Alte und nickte mit dem
Kopfe. „Was ist das für ein Ding, das so lustig herumspringt?" sprach
das Mädchen, nahm die Spindel und wollte auch spinnen. Kaum hatte
sie aber die Spindel angerührt, so ging der Zauberspruch in Erfüllung,
35 und sie stach sich damit in den Finger.
In dem Augenblick aber, wo sie den Stich empfand, siel sie auf
das Bett nieder, das da stand, und lag in einem tiefen Schlafe. Und
dieser Schlaf verbreitete sich über das ganze Schloß: der König und die
Königin, die eben heim gekommen waren und in den Saal getreten