Full text: Haus und Welt (Bd. 3)

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Armut ist die größte Plage, 
Reichtum ist das höchste Gut! 
Und zu enden meine Schmerzen, 
ging ich, einen Schatz zu graben. 
„Meine Seele sollst du haben!" 
schrieb ich hin mit eignem Blut. 
2. Und so zog ich Kreis' um Kreise, 
stellte wunderbare Flammen, 
Kraut und Knochenwerk zusammen: 
die Beschwörung war vollbracht. 
Und auf die gelernte Weise 
grub ich nach dem alten Schatze 
auf dem angezeigten Platze. 
Schwarz und stürmisch war die Nacht. 
3. Und ich sah ein Licht von weiten, 
und es kam gleich einem Sterne 
hinten aus der fernsten Ferne, 
eben als es zwölfe schlug. 
Und da galt kein Vorbereiten: 
Heller ward's mit einemmale 
von dem Glanz der vollen Schale, 
die ein schöner Knabe trug. 
4. Holde Augen sah ich blinken 
unter dichtem Blumenkränze: 
in des Trankes Himmelsglanze 
trat er in den Kreis herein. 
Und er hieß mich freundlich trinken; 
und ich dacht': Es kann der Knabe 
mit der schönen, lichten Gabe 
wahrlich nicht der Böse sein. 
5. „Trinke Mut des reinen Lebens! 
Dann verstehst du die Belehrung, 
kommst mit ängstlicher Beschwörung 
nicht zurück an diesen Ort. 
Grabe hier nicht mehr vergebens! 
Tages Arbeit — abends Gäste, 
saure Wochen — frohe Feste! 
sei dein künftig Zauberwort!" Wolfgang von Goethe.
	        
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