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Kammern, seine Sterbenden zu trösten,
höret ihre Sünde, ihre Buße,
ihr Gebet und wehret der Verzweiflung,
labet sie — und geht mit ihnen unter.
Johann Gottfried Herder.
3. Von der Rechtspflege.
Es wäre eine schöne Sache, wenn es unter den Menschen keine Streitig¬
keiten gäbe, wenn jeder freiwillig dem Gesetze gehorchte, den andern ihre
Rechte unverkümmert zugestände. Es wäre sehr schön, wenn keiner, weder
aus Gewinnsucht, noch aus Zorn und Leidenschaft, sich hinreißen ließe,
Handlungen zu begehen, welche mit einem geordneten Gemeinwesen unver¬
träglich sind. Das ist nun aber, wie die Menschen einmal sind, nicht mög¬
lich. Es genügt deshalb nicht, daß der Staat festsetzt, was als Recht gelten
soll, sondern er muß auch dafür sorgen, daß dieses Recht von allen anerkannt
und an den Übertretern gerächt werde. Man muß indessen nicht glauben,
daß von zwei Streitenden immer einer ein Bösewicht sein müsse. Meist
sind beide von ihrem Rechte überzeugt; und es ist zuweilen auch für einen Ge¬
lehrten schwer, zu erkennen, wer eigentlich recht hat. Außerdem giebt es
freilich Vergehungen, bei denen es höchstens zweifellos sein kann, ob einer
sie begangen, nicht aber, ob er damit im Recht war oder nicht.
Jene Fälle, wo es sich um streitige Rechtsansprüche, namentlich über
das Eigentum handelt, nennt man das bürgerliche Recht. Dahin ge¬
hören z. B. alle Erbschaftsangelegenheiten, alles, was sich auf Kauf und
Verkauf, aus Pacht- und Mietverhältnisse, Darlehen re. bezieht. Wenn
zwei Personen sich darüber nicht einigen können, tritt der Staat mit seiner
Hilfe ein, d. h. die angerufenen Gerichte entscheiden, und die Staatsgewalt
zwingt jeden, dem richterlichen Spruche sich zu fügen. Anders ist es, wenn
ein Verbrechen begangen worden ist. Hier tritt der Staat selbst durch einen
Staatsanwalt als Ankläger und Richter auf, d. h. derjenige, welcher sich
an den Gesetzen des Staates durch Diebstahl, Mord, Aufruhr re. vergangen
hat, wird, sobald seine That bekannt wird, auch wenn kein anderer Bürger
für sich wegen Beschädigung Klage führt, zur Rechenschaft gezogen und
nach den Bestimmungen des Strafrechts behandelt. Denn es kommt hier
nicht bloß das Recht eines einzelnen in Frage, sondern die Sicherheit und
das Ansehen des Staates selbst würde Not leiden, wenn solche Vergehungen
ungeahndet und solche Mitglieder des Gemeinwesens unbestraft blieben.
In allen diesen Fällen, wo es sich um die Bestrafung eines Bürgers
handelt, werden in vielen Staaten bei der Entscheidung außer den Rechts-