Full text: Haus und Welt (Bd. 3)

49 
gegangen ist. Die Pflanzen haben ohne Zweifel da lebend ge¬ 
standen, wo wir sie jetzt zu Steinkohle umgewandelt und von 
Sandstein- und Schieferthonschichten begraben finden. Die grosse 
Wärme der feuchten Luft begünstigte und beförderte den üppigsten 
Pflanzenwuchs, und die abgestorbenen Blätter bedeckten bald in 
dicken Schichten den Boden. Uns unbekannte Veranlassungen 
schwemmten alsdann Sand- und Thonmassen darüber und be¬ 
gruben zugleich mit den toten auch die lebendigen Pflanzen. 
Wie nun diese unter einem jedenfalls beträchtlichen Drucke in 
Kohle verwandelt wurden, darüber sind die Ansichten verschieden. 
Jedenfalls hat die Hitze dabei eine Hauptrolle gespielt, aber auch 
Feuchtigkeit und Druck waren gewiss dabei wirksam. 
Die bergmännische Gewinnung ist mehr als der Erzbergbau 
mit Gefahren verbunden, indem sogenannte schlagende Wetter 
Explosionen herbeiführen, die manches Menschenleben im schwar¬ 
zen Lande der Tiefe unter Schutt und Trümmern begraben. 
Den Steinkohlen nah verwandt sind die Braunkohlen. Sie 
müssen auf dieselbe Weise entstanden sein. Sie kommen in Stein¬ 
schichten vor, in denen ebenfalls die Abdrücke derjenigen Pflanzen 
gefunden werden, aus denen sie entstanden sind. Diese sind 
aber von den Steinkohlenpflanzen ganz verschieden. Sie stehen 
unseren jetzt lebenden Pflanzen viel näher, doch wird keine ein¬ 
zige Braunkohlenpflanze jetzt noch lebend angetroffen. Obgleich 
zwischen der Ablagerung der Steinkohlen- und der Braunkohlen- 
flötze viele Jahrtausende verstrichen sein müssen, so war doch 
zur Braunkohlenzeit in Deutschland ein noch viel wärmeres 
Klirnl, denn man findet im böhmischen Braunkohlensandstein 
Abdrücke von Palmenblättern und Lorbeerpflanzen. 
Nachdem schon Jahrtausende lang der Mensch wohl nach 
schnödem Golde, aber nicht nach Steinkohlen die Erde durch¬ 
wühlt hatte, war es unseren Jahrhunderten vorbehalten, mit den 
Steinkohlen ein mächtiges Förderungsmittel seines Fleisses und 
ein hübsches Stück der Geschichte seiner mütterlichen Erde zu 
ergraben. Wenn wir auf einem Berge stehen und uns umschauen, 
so stehen wir auf einem Buchstaben eines grossen Geschichts¬ 
buches, in welchem jeder Mensch etwas zu lesen verstehen sollte. 
Nach E. A. Rofsmäfslex. 
Ernst und Lews, Lesebuch f. M. III. 
4
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.