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gegangen ist. Die Pflanzen haben ohne Zweifel da lebend ge¬
standen, wo wir sie jetzt zu Steinkohle umgewandelt und von
Sandstein- und Schieferthonschichten begraben finden. Die grosse
Wärme der feuchten Luft begünstigte und beförderte den üppigsten
Pflanzenwuchs, und die abgestorbenen Blätter bedeckten bald in
dicken Schichten den Boden. Uns unbekannte Veranlassungen
schwemmten alsdann Sand- und Thonmassen darüber und be¬
gruben zugleich mit den toten auch die lebendigen Pflanzen.
Wie nun diese unter einem jedenfalls beträchtlichen Drucke in
Kohle verwandelt wurden, darüber sind die Ansichten verschieden.
Jedenfalls hat die Hitze dabei eine Hauptrolle gespielt, aber auch
Feuchtigkeit und Druck waren gewiss dabei wirksam.
Die bergmännische Gewinnung ist mehr als der Erzbergbau
mit Gefahren verbunden, indem sogenannte schlagende Wetter
Explosionen herbeiführen, die manches Menschenleben im schwar¬
zen Lande der Tiefe unter Schutt und Trümmern begraben.
Den Steinkohlen nah verwandt sind die Braunkohlen. Sie
müssen auf dieselbe Weise entstanden sein. Sie kommen in Stein¬
schichten vor, in denen ebenfalls die Abdrücke derjenigen Pflanzen
gefunden werden, aus denen sie entstanden sind. Diese sind
aber von den Steinkohlenpflanzen ganz verschieden. Sie stehen
unseren jetzt lebenden Pflanzen viel näher, doch wird keine ein¬
zige Braunkohlenpflanze jetzt noch lebend angetroffen. Obgleich
zwischen der Ablagerung der Steinkohlen- und der Braunkohlen-
flötze viele Jahrtausende verstrichen sein müssen, so war doch
zur Braunkohlenzeit in Deutschland ein noch viel wärmeres
Klirnl, denn man findet im böhmischen Braunkohlensandstein
Abdrücke von Palmenblättern und Lorbeerpflanzen.
Nachdem schon Jahrtausende lang der Mensch wohl nach
schnödem Golde, aber nicht nach Steinkohlen die Erde durch¬
wühlt hatte, war es unseren Jahrhunderten vorbehalten, mit den
Steinkohlen ein mächtiges Förderungsmittel seines Fleisses und
ein hübsches Stück der Geschichte seiner mütterlichen Erde zu
ergraben. Wenn wir auf einem Berge stehen und uns umschauen,
so stehen wir auf einem Buchstaben eines grossen Geschichts¬
buches, in welchem jeder Mensch etwas zu lesen verstehen sollte.
Nach E. A. Rofsmäfslex.
Ernst und Lews, Lesebuch f. M. III.
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