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84. Soldaten-Morgenlied.
(Schenkendorf.)
Erhebt euch von der Erde,
ihr Schläfer, aus der Ruh;
schon wiehern uns die Pferde
den guten Morgen zu.
Die lieben Waffen glänzen
so hell im Morgenrot;
man träumt von Siegeskränzeip
mau denkt auch an den Tod.
Du reicher Gott, in Gnaden
schau her vom blauen Zelt;
du selbst hast uns geladen
in dieses Waffenfeld.
Laß uns vor dir bestehen
und gieb uns heute Sieg;
die Christenbanner wehen,
dein ist, o Herr, der Krieg.
Ein Morgen soll uns kommen,
ein Morgen, mild und klar;
sein harren alle Frommen,
ihn schaut der Engel Schar.
Bald scheint er sonder Hülle
auf jeden deutschen Mann.
O brich, du Tag der Fülle,
du Freiheitstag, brich an.
Dann Klang von allen Türmen
und Klang ans jeder Brust
und Ruhe nach den Stürmen
und Lieb' und Lebenslust.
Es schallt auf allen Wegen
ein frohes Siegsgefchrei;
und wir, ihr wackern Degen,
wir waren auch dabei!
85. Die Völkerschlacht bei Leipzig. Den 18. und 19. Oktober
1819.
(Nach Kohlrausch.)
Der große Tag brach an, da der angemaßte Siegeskranz von Napoleons
Haupte gerissen werden sollte. Europa stand zum Kampfe gegen einander.
Von allen seinen Grenzen waren die Krieger versammelt und kämpften eine
große Völkerschlacht.
Von drei Seiten sollte der Angriff auf den starken Halbkreis geschehen,
den Napoleon um Leipzig gezogen hatte. Von Mitternacht durch den Kron¬
prinzen von Schweden und das schlesische Heer; von Morgen her durch
Bennigsen, der außer seinen Russen auch die Österreicher unter Klenau und
eine preußische Abteilung unter Zieteu befehligte. Von der Mittagsfeite
aber mußte der Hauptangriff kommen, weil hier noch immer Napoleons
Stärke war. Der Oberfeldherr teilte sein Heer daselbst in zwei große
Haufen; der erste waren die Russen und Preußen unter Wittgenstein und
Kleist, die über Wachau den französischen Mittelpunkt angreifen sollten; der
zweite aber, der Kern des österreichischen Heeres unter dem Erbprinzen von
Hessen-Homburg, sollte den Poniatowsky von der Pleiße verdrängen und
nach Leipzig zurückwerfen.