V. Nus der Natur.
165. Nrinrkr Fuchs.
1. Es war einmal mitten im schönen Frühlinge; das liebliche Pfingst¬
fest war gekommen. Alle Bäume, Hecken und Blumen blühten, daß es
eine Pracht war, und die Vögel sangen, daß es nur so schallte. Da
wollte der Löwe, der König der Tiere, seinen Geburtstag feiern. Er
schickte viele Boten aus und ließ den Tieren sagen: „Kommt zum
Festei"
Niemand sollte fehlen. Alle, die großen und die kleinen Tiere,
wurden eingeladen. Sie kamen auch alle; Wolf und Bär, Dachs und
Hase, Katze und Panthertier waren auf dem Feste. Auch alle Vögel und
die Bienen, Wespen und Mücken flogen herbei. Nur einer fehlte; das
war Reineke, der Fuchs. Der Schelm fürchtete sich, weil er viele böse
Streiche gemacht hatte. Er hatte die Gans gestohlen und aus dem
Hühnerhause den Hahn fortgetragen. Dem Bauersmanne hatte er ein
Lämmchen und der Hausfrau die Pfannkuchen weggeholt. Jetzt quälte
ihn das böse Gewissen.
Nobel, der König, saß auf seinem Throne und fragte: „Wo ist denn
Reineke Fuchs?" Da fingen viele Tiere an, ihn zu verklagen. Ise¬
grim, der Wolf, trat vor den Thron und sagte: „Herr König, o höre
mich an! Reineke hat mir viel Übels getan. Meine Kinder und mein
Weib hat er geschlagen und geschimpft. Gib ihm doch eine tüchtige
Strafe!"
Gleich darauf wurde Reineke von dem Hündchen Wackerlos ange¬
klagt. Ihm hatte der Fuchs ein Würstchen gestohlen, das im Gebüsch
versteckt war. Hinze aber, der Kater, rief zornig dazwischen: „Die
Wurst war mein! Ich hatte sie dem Müller aus der Küche geholt."
Da gebot der König Ruhe.
Als es ganz still war, fing auch das Panthertier an zu klagen.
Es brachte Lampe, den Hasen, mit an den Thron und sprach: „Seht
das gute Häschen hier an! Dieses wollte der Fuchs ein Liedchen lehren.
Das Häschen stellte sich aber dabei ein bißchen dumm an. Es konnte
das Lied nicht gleich merken. Da packte es der Fuchs beim zweiten
Verse an der Kehle und würgte es. Wäre ich nicht dazugekommen, so