Full text: [Teil 4 = Kl. 5 u. 4] (Teil 4 = Kl. 5 u. 4)

G ö ú 401 
He do, he dol Kkriagst an Nee, kriagst a woachi Streu, kriagst 
a Federl Heu. Seh, Koissl, seh, kimm, Koissl, he dol“ Und auf 
diesen Ruf kommen sie mit ihren Glocken und Schellen herange- 
zogen von allen Seiten, ernst und behäbig, besonders die Glocken- 
trãgerinnen, die sich auf diesen ihren Beruf nicht wenig einbilden. 
Beim Herannahen eines Gewitters — im Hochgebirge virklich 
in fürchterlicher Augenblick — werden die Herden ost scheu, und 
alle Kraft und Umsicht muß aufgeboten werden, um die in Sturm 
und Hagel wild herumfahrenden Rinder vor dem Abstürzen zu 
bewahren und sie in den Gewahrsam des Stalles zu bringen. Bös 
jst es auch, wenn Schneewetter einfällt, dann leidet das Vieh sehr 
unter Hunger, Nässe und Kälte, magert ab und gibt wenig NMilch. 
Es verirrt sich, da es im Schnee keinen VWeg mehr kennt, an ge- 
fahrliche Stellen, so daß die Leute dabei Vache halten müssen. 
Ist es aber schon spät im Herbst, so besinnt sich der Senne 
nicht lange, sondern rüstet sich zum Aufbruch. Der Tag, an dem 
Menschen und Tiere von der Alm bekränzt und munter in das Tal 
zurũckkehren, ist ein wahres Fest. Die Krippen in den Stãällen 
werden gefüllt mit dem fettesten (lee, und der Tisch wird gedeckt 
mit den auserlesenssten Fleisch- und Mehlspeisen für die Heim-— 
cehrenden. Die hölzernen Hütten droben stehen vom Oktober bis 
zum Juni leer, und im Winter schleicht der Rabe hin über die 
schneebedeckten Dächer und lugt wohl ein wenig zum Rauchfang 
hinab; aber öõde ist es unten, und die Menschen haben alle Nahrung 
verzehrt, ehe sie fortzogen. 
238. Der Föhn. 
von Paul Buchholz. 
Qharakterbilder aus Luropa. 4. Aufsl. Leipzig 1904. 8. 101. 
den letzten Oktobertagen des Jahres 1896 brauste vom Kamme 
der Schweizer Alpen ein Föhnsturm von seltener Heftigkeit herab. 
Nicht nur in der nordwärts vorgelagerten ebenen Schweiz, auch in den 
angrenzenden Gebieten des Elsaß und Badens waren die Wirkungen 
diefes Südwindes noch deutlich zu spüren. Besonders groß waren die 
Verheerungen, die der ungestüme Eindringling in dem bekannten Grindel— 
wald an Gebäuden und Waldungen anrichtete; in Schwyz trieb er die 
Ziegel der Dächer und ganze Kaminhüte durch die tobende Luft, während 
m Kandertal als Brandstifter auftrat und auf dem Aegeri-See einen 
Dampfer in die aufgewühlten Fluten versenkte. 
Bis vor kurzem glaubte man, daß dieser ‚Föhn der Wüste“ aus der 
Sahara komme, über die Alpen klettere und auf der Nordseite herab— 
stürze. Nun ist aber festgestellt, daß südlich der Alpen jedesmal Wind— 
stille herrscht, wenn auf der Nordseite Föhn weht. Käme dieser aus der 
Lesebuch für Mädchen-Mittelschulen. IV. Hansestädte. 26
	        
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