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Frau, die ihre ganze Liebenswürdigkeit in äußere Formen setzt, 
und darüber den Verstand unbebaut und das Gefühl unausge- 
bildet laßt! Für kurze Zeit kann es ihr gelingen zu gefallen und 
für liebenswürdig zu gelten; nie wird sie aber eine dauernde 
Zuneigung einflößen können. Daher hat Aspasia durch Beispiel 
und Lehre unsäglich geschadet, und wenn auch einzelne griechi¬ 
sche Weiber durch Verstand glanzten, so blieben doch die mei¬ 
sten bloß bei der Bildung des Aeußeren stehen, und vereitelten 
immer mehr. Ihr Hauswesen ekelte sie an, und statt, wie 
bisher, in anspruchsloser Beschränktheit demselben vorzustehen, 
und wenigstens äußeren Anstand zu beobachten, mischten sie sich 
nun in die Mannergesellschaften, und verloren das Edelste, was 
das Weib hat, Gefühl für weibliche Tugend und Verschämtheit. 
Wie viel kann nicht Ein böses Beispiel thun! — Bei alle dem 
wurde Aspasia als ein Wunder von Liebenswürdigkeit und Geist 
angestaunt, und Perikles hielt sie nicht für zu gering, sich mit 
ihr zu vermahlen. Durch ihren ausnehmenden Verstand wußte 
sie sich in seiner Liebe zu erhalten, und nicht selten begehrte er 
selbst ihren Rath in Staatssachen. Die Vornehmsten und Wei¬ 
sesten bildeten ihren Hof, und horchten ihrer geistreichen Unter¬ 
haltung. Dennoch erscheint sie als ein unnatürliches Wesen; 
denn ein Weib muß nicht heraustreten aus dem stillen häusli¬ 
chen Wirkungskreis, wozu der Schöpfer es bestimmt hat. 
23. Alcibiades. —• Sokrates 400. 
Die verschiedenen Vorfälle und Schlachten des 27jährigen 
peloponnesischen Krieges wollen wir hier nicht erzählen, sondern 
nur so viel sagen, daß er sich zum großen Schaden der Athener 
endigte, und daß seitdem dieses sonst so angesehene Volk sich 
nicht wieder recht hat erholen können. Wahrend des Krieges glanz¬ 
ten zwei Männer vorzüglich, die beiden Athener Alcibiades 
und Sokrates, freilich jeder auf sehr verschiedene Weise. 
Alcibiades war von vornehmer Familie, und vom Glücke 
und von der Natur sehr begünstigt. Seine Eltern hatten ihm 
ein großes Vermögen hinterlassen, und die Natur hatte ihm 
einen Empfehlungsbrief gegeben, der überall gilt: einen schönen 
Körper und ein angenehmes, äußerst gewandtes Wesen. Aber 
dabei war ein höchst leichtsinniger, eitler, dem Vergnügen erge-
	        
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