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58. Morgenlied.
Daheim. Jahbrgang 1892. 8. 395
Von Gustav Falke.
1. Auf goldnen Leitern steigt der Tag
vom Himmel auf die Erde nieder,
ruft aus dem Nest die Lerche wach
und aus der Brust die jungen Lieder.
2. Wie tiefe Schatten auch die Nacht
in alle Winkel trug und Ecken —
o neuer Glanz, o Morgenpracht,
nun muß all Not die Waffen strecken.
59. Morgenwandcerung.
Gesammelte Werke. 1. Band. Stuttgart 1883. 8. 140.
Von Emanuel von Geibel.
V
Wer recht in Freuden wandern will,
der geh' der Sonn' entgegen!
Da ist der Wald so kirchenstill,
kein Lüftchen mag sich regen;
noch sind nicht die Lerchen wach,
nur im hohen Gras der Bach
singt leise den Morgensegen.
2.
Die ganze Welt ist wie ein Buch,
darin uns aufgeschrieben
in bunten Zeilen manch ein Spruch,
wie Gott uns treu geblieben;
Wald und Blumen, nah und fern,
und der helle Morgenstern
sind Zeugen von seinem Lieben.
9
2
5.
Da zieht die Andacht wie ein Hauch
durch alle Sinnen leise,
da pocht ans Herz die Liebe auch
in ihrer stillen Weise,
pocht und pocht, bis sich's erschließt
und die Lippe überfließt
von lautem, jubelndem Preise.