Full text: Deutsches Dichterbuch ([Teil 2]. Bd. 4, Hälfte 2, [Schülerbd.])

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Wilhelm Hauff. 
1802- 1827. 
Œt ward in Stuttgart als Sohn eines Minifterialbeamten geboren, studierte 
Theologie, trat aber nicht ins geistliche Amt, sondern wurde Zeitungsredakteur 
und Schriftsteller. Aus einer glücklichen Ehe wurde er durch einen frühen Tod 
herausgerissen. - Don seinen Werken sind vor allem bekannt die von ihm ge¬ 
dichteten (nicht nacherzählten) Märchen (Kunstmärchen), die beiden Lieder „Morgen¬ 
rot" und „Steh ich in finstrer Mitternacht" und der Roman „Lichtenstein", der uns 
in eine ereignisreiche Zeit seiner schwäbischen Heimatsgeschichte hineinführt. 
1. Reiters Morgengesang. 
— Nach einem schwäbischen Volkslied. — 
Morgenrot, 
leuchtest mir zum frühen Tod? 
Bald ivird die Trompete blasen, 
dann muß ich mein Leben lassen, 
ich und mancher Kamerad. 
Kaum gedacht, 
war der Lust ein End' gemacht. 
Gestern noch auf stolzen Rossen, 
heute durch die Brust geschossen, 
morgen in das kühle Grab. 
Ach, wie bald 
schwindet Schönheit und Gestalt! 
Tust du stolz mit deinen Wangen, 
die wie Milch und Purpur prangen? 
Ach! — die Rosen welken all'! 
Darum still, 
füg' ich mich, wie Gott es will. 
Nun, so will ich wacker streiten, 
und sollt' ich den Tod erleiden, 
stirbt ein braver Reitersmann. 
2. Soldatenliebe. 
Steh' ich in finstrer Mitternacht 
so einsam auf der fernen Wacht, 
so denk' ich an mein fernes Lieb, 
ob mir's auch treu und hold verblieb. 
Als ich zur Fahne fortgemüßt 
hat sie so herzlich mich geküßt, 
mit Bändern meinen Hut geschmückt 
und weinend mich ans Herz gedrückt! 
Sie liebt mich noch, sie ist mir gut, 
drum bin ich froh und wohlgemut; 
mein Herz schlägt warm in kalter Nacht, 
wenn es ans treue Lieb gedacht. 
Jetzt bei der Lampe mildem Schein 
gehst du wohl in dein Kämmerlein 
und schickst dein Nachtgebet zum Herrn 
auch für den Liebsten in der Fern'! 
Doch, wenn du traurig bist und weinst, 
mich von Gefahr umrungen meinst: 
sei ruhig, bin in Gottes Hut, 
er liebt ein treu Soldatenblut. 
Die Glocke schlägt, bald naht die Rund' 
und löst mich ab zu dieser Stund'; 
schlaf wohl im stillen Kämmerlein 
und denk in deinen Träumen mein.
	        
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