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Eduard Mörike.
1804- 1875.
3u seinen Lebzeiten war der Dichter Mörike wenig bekannt im deutschen Dater-
lande; nur Künstler wie die Dichter Emanuel Geibel und Theodor Storm oder
der Maler Moritz von Schwind wußten ihn zu schätzen. Aber nach seinem Tode
ist die Zahl derer, die seine Lieder kennen und singen, immer größer geworden.
Geboren wurde er in Ludwigsburg, wo sein Vater als Arzt wirkte. Als dieser
früh starb und die Familie in wenig gesicherten Verhältnissen zurückließ, nahm ein
Oheim sich des jungen Eduard an. Dieser sollte sich, so war es schon zu des Vaters
Lebzeiten beschlossen worden, dem geistlichen Stande widmen. Ohne Freude und auch
ohne besonderen Erfolg durchlief der Jüngling den streng geordneten Studiengang;
doch fand er viele Freunde, mit denen er dichterischem Schaffen oblag, und so hoben
sie sich über die Nüchternheit des Tageslebens hinweg. Nach Beendigung der Studien
war er an manchen Orten als Hilfsgeistlicher tätig; endlich fand er „zu Eleversulzbach
im Unterland" einen heimlichen Winkel, wo er trotz der Bürde des geistlichen Amtes
sich in seine Dichterträume einspinnen konnte. Er führte hier ein idyllisches Poeten¬
leben. „Bald lagerte er sich im Weinberg auf der Höhe unter dem Kirschbaum,
bald auf dem einsamen Waldplätzchen, dessen schöne Buche er besang, bald unter
seiner Lieblingsfichte, wo er Klopstocks Oden las." Mutter und Schwester führten
ihm den Hausstand; erstere mußte er hier begraben. Er bettete sie neben Schillers
Mutier, die bei einem früheren Pfarrer des Ortes, ihrem Schwiegersohn, ihre
letzten Tage verlebt hatte. — Wegen Kränklichkeit gab Mörike sein Amt frühzeitig
auf. Er wechselte dann seinen Aufenthalt mehrfach, war eine Reihe von Jahren
in Stuttgart als Literaturprofessor an einer höheren Töchterschule tätig und ist hier
bald nach seinem siebzigsten Geburtstage gestorben.
Der Dichter war ein Mann von großer Weichheit des Eharakters, für den
Kampf mit Widerwärtigkeiten wenig gestählt. Von den gewaltigen Weltereignissen
ward er kaum berührt: sie spiegeln sich daher nicht in seiner Kunst wider. —
Mörike hat auch eine Anzahl Prosaerzählungen geschrieben, so den Roman „Maler
Nolten"; am bekanntesten ist wohl die Novelle „Mozart auf der Reise nach Prag".
Von seinen Liedern und Balladen sind manche komponiert worden, namentlich von
Robert Schumann, Johannes Brahms und Hugo Wolf.
1. Die Soldatenbraut.
Ach, wenn's nur der König auch wüßt',
wie wacker mein Schätzelein ist!
Für den König, da ließ' er sein Blut,
für mich aber ebensogut.
Es scheinen drei Sterne so hell
dort über Marien-Kapell';
da knüpft uns ein rosenrot Band,
und ein Hauskreuz ist auch bei der Hand.
MeinSchatzhatkeinLandundkein'Stern,
kein Kreuz wie die vornehmen Herrn;
mein Schatz wird auch kein General, —
hätt' er nur seinen Abschied einmal!